Rente mit 67: Land des langen Lebens?
BERLIN - Jetzt ist es durch: Die Rente mit 67 kommt. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen legt ihren Prüfbericht vor und preist die immer fitteren Senioren. Aber was heißt das für den Bürger?
Die Regierung lässt sich nicht beirren: Trotz aller Proteste, Bedenken und starker Unbeliebtheit in der Bevölkerung setzt sie die Rente mit 67 nun endgültig durch. Damit tritt sie ab 2012 in Kraft – das bedeutet für viele Abschläge. Die AZ erklärt die wichtigsten Fragen.
Warum musste jetzt nochmal entschieden werden? Beim Beschluss des Gesetzes 2007 hatte die große Koalition reingeschrieben, dass im November 2010 überprüft werden muss, ob die Rente mit 67 „angesichts der Arbeitsmarktlage für Ältere“ vertretbar ist. SPD und Gewerkschaften – und ganz kurz CSU-Chef Horst Seehofer – hatten versucht, dies als Hebel zu nützen: Die Arbeitsmarktlage sei zu schlecht, das Inkrafttreten müsse auf Eis. Doch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen legte nun gestern ihren Prüfbericht vor. Ergebnis: „Der pünktliche Start ist notwendig und vertretbar.“
Wie sind denn nun die Chancen für Ältere? Da legt jeder die Zahlen vor, die seine Argumente stützen – der eine nimmt die 50- bis 65-Jährigen statt den 60- bis 65-Jährigen und der nächste rechnet Mini-Jobs mal rein und mal raus. Extra- kompliziert wird es, weil es in absoluten Zahlen mehr arbeitslose und gleichzeitig mehr beschäftigte Ältere gibt – das liegt an den geburtenstarken Jahrgängen. Für Leyen ist der Anteil wichtig: 38,4 Prozent der 60- bis 65-Jährigen sind erwerbstätig – eine Verdoppelung in zehn Jahren. Sozialversicherungspflichtige Stellen haben nur 24 Prozent dieser Altersgruppe. Experten sind zuversichtlich, dass sich diese Zahlen angesichts des Fachkräftemangels noch steigen: „Die Älteren sind die Gewinner am Arbeitsmarkt“, so Arbeitsmarktforscher Karl Brenke. Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger: „Früher haben wir sie rüde in den Vorruhestand geschickt, heute versuchen wir, sie mental und fachlich fit zu halten.“ Die Arbeitsministerin: „Die Älteren sind so fit wie nie zuvor. Deutschland ist das Land des langen Lebens geworden.“
Was heißt das also für die Arbeitnehmer von heute? Damit ist klar: Die Rente mit 67 kommt. Ab Jahrgang 1947 muss jeder länger arbeiten. Nur, wer 45 Versicherungsjahre vorweisen kann, darf ohne Abschläge mit 65 gehen – das schaffen aber nur 27 Prozent und vier Prozent der Frauen. Schon heute erreicht die Mehrheit nicht einmal die 65. Gewerkschaften und andere argumentieren deswegen, dass die Rente mit 67 in Wahrheit eine Rentenkürzung ist: Für jeden Monat, den man früher geht, werden dauerhaft 0,3 Prozent von der Rente abgezogen. Macht insgesamt 7,2 Prozent Abschlag, wenn ein Arbeitnehmer, der laut Gesetz mit 67 gehen dürfte, dann aber doch mit 65 aufhört. Der aktuelle Eckrentner mit einem Altersgeld von 1228 Euro hätte dann Einbußen von 88,42 Euro. Um diese Lücke durch Privatvorsorge zu schließen, müsste er 16042 Euro ansparen.
Und was ist das mit der Steuer? Das gilt schon länger und unabhängig davon, knabbert aber natürlich zusätzlich an der Rente. Der zu versteuernde Anteil steigt schrittweise. Dafür kann man als Arbeitnehmer die Rentenbeiträge besser absetzen – idealerweise, um privat für die Lücken und Kürzungen in der gesetzlichen Kasse vorzusorgen. tan