Regierungspläne zum Familiennachzug in der Kritik

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch nach einem längeren Tauziehen zwischen Union und SPD einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Familiennachzugs beschlossen. Der Entwurf soll den Familiennachzug für sogenannte subsidiär Schutzberechtigte ab dem 1. August regeln. 
von  dpa
Syrische Flüchtlinge kommen in das Grenzdurchgangslager Friedland im Landkreis Göttingen.
Syrische Flüchtlinge kommen in das Grenzdurchgangslager Friedland im Landkreis Göttingen. © Swen Pförtner/dpa-Archivbild

Berlin - Der Kabinettsbeschluss zum Familiennachzug von Flüchtlingen stößt bei verschiedenen Menschenrechtsorganisationen auf Ablehnung. Sie halten ihn für zu restriktiv. Er wird allerdings auch von den Landesinnenministern der Union kritisiert.

Deren Sprecher Lorenz Caffier lehnt es ab, reumütigen Gefährdern unter Umständen das Nachholen der engsten Familie zu erlauben.

Nach dem Gesetzentwurf, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hatte, sollen Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus ab August wieder Ehepartner und minderjährige Kinder nach Deutschland holen dürfen. Pro Monat dürfen aber maximal 1.000 Angehörige einreisen.

Familiennachzug: Kritik von Terre des Hommes

Das internationale Kinderhilfswerk Terre des Hommes sieht das Wohl der betroffenen Kinder verletzt. Vorstandssprecher Albert Recknagel warnte, die Trennung von Familien werde so zementiert. "Familienleben ist aber nicht kontingentierbar - auch subsidiär Schutzberechtigte müssen mit ihren Familien zusammenleben können."

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl sieht weitreichende Einschnitte für Flüchtlinge und Angehörige. "Aus dem Grundrecht auf Familie wird ein Gnadenrecht des Staates", kritisierte Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Familiennachzug: Kritik von der Caritas

Caritas-Präsident Peter Neher befürchtet komplizierte Entscheidungsprozesse zu Lasten der Flüchtlinge: "Wir sind in Sorge, dass sich die Verfahren für die betroffenen Familien noch weiter verzögern und sich ihr Leid durch die inhumanen Familientrennungen noch verschlimmert."

Der Sprecher der unionsgeführten Länder-Innenministerien, Caffier, kritisierte, dass das weiter bestehende Nachzugsverbot für Gefährder dann nicht gelten soll, wenn diese sich glaubhaft von ihrem früheren Handeln distanzieren.

Ausländische Gefährder gehörten abgeschoben, sagte der Ressortchef von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin. Damit könne auch dessen Familie keine Zukunft in Deutschland haben. Die vom Kabinett beschlossene Regelung gefährde die Innere Sicherheit erheblich. Deutschland helfe Menschen in Not, sagte Caffier. Aber die Schutzpflicht des Staates für das Leben gelte auch für seine deutschen Bürger und die hier lebenden Familien.

Zahl der Familiennachzüge steigt an

Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus dürfen seit März 2016 keine nahen Familienangehörigen mehr nach Deutschland nachholen. Diese Regelung hatte die große Koalition zuletzt verlängert, allerdings nur bis Ende Juli. Der neue Gesetzentwurf sieht vor, dass ab August 1.000 Flüchtlinge pro Monat zu Familienangehörigen mit subsidiärem Schutz - zuletzt überwiegend Flüchtlinge aus Syrien - nachziehen dürfen.

In der Anfangsphase - für fünf Monate - soll darüber hinaus ein nicht ausgeschöpftes Kontingent auf den Folgemonat übertragen werden können. Derzeit liegen bereits rund 26.000 Terminanfragen von subsidiär Schutzberechtigten an deutschen Auslandsvertretungen vor, um Visa-Anträge einzureichen. Das berichtete die Rheinische Post unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage.

Seit 2013 habe das Auswärtige Amt weltweit knapp 390.000 Visa zum Familiennachzug erteilt. Der Zeitung zufolge werden die meisten Nachzüge weiterhin bei Flüchtlingen mit besserer Bleibeperspektive genehmigt. Allein die Zahl der syrischen Familiennachzüge stieg demnach von 21.376 im Jahr 2015 auf 40.725 im vergangenen Jahr.

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