Regierungen in Europa irritiert über Kondomkritik des Papstes

PARIS - Mit ungewöhnlich klaren Worten kommentiert das französische Außenministerium die Äußerungen des Papstes zur Aids-Prävention in Afrika. Auch in der katholischen Kirche regt sich Unmut.
Die Äußerung Papst Benedikts XVI. zur Aids-Problematik irritiert die Regierungen in Deutschland und Frankreich. «Kondome retten Leben, sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten», teilten Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (beide SPD) am Mittwoch gemeinsam in Berlin mit. Die deutschen Ministerinnen betonten, dass allein in den afrikanischen Ländern südlich der Wüste Sahara 22 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert seien. Aids gehöre nach wie vor zu den großen Bedrohungen der Menschheit. «Wir dürfen bei der Bekämpfung von Aids nicht nachlassen - weder im Inland noch im Ausland.»
Die Regierung in Paris bezeichnete die Haltung des Papstes als «schädlich für die Gesundheitspolitik». Auch wenn es Frankreich nicht zustehe, sich zu Lehren der Kirche zu äußern, so sei man doch der Meinung, dass solche Äußerungen den Schutz des menschlichen Lebens gefährden könnten, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Stellungnahme des Außenministeriums. «Das Kondom ist ein wichtiges Element beim Kampf gegen die Ausbreitung des Virus», betonte ein Ministeriumssprecher. Frankreich stelle jährlich etwa 360 Millionen zur Verfügung.
Finstere Anti-Kondom-Ecke
Der Papst hatte zu Beginn seiner Afrika-Reise am Dienstag betont, die Aids-Epidemie auf dem Kontinent könne nicht mit der Verteilung von Kondomen gelöst werden. Dies vertiefe die Probleme nur, sagte der Papst während des Fluges von Rom nach Kamerun.
Das kam auch in der Kirche selbst nicht gut an. Der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sprach sich für einen tabulosen Umgang mit dem Thema Verhütung und Kondome aus. «Wer Aids hat und sexuell aktiv ist, wer wechselnde Partnerschaften sucht, muss andere und sich selber schützen», heißt es in einem Beitrag des Hamburger Weihbischofs für die Wochenzeitung «Die Zeit». Die Kirche stehe «nicht in einer finsteren Anti-Kondom-Ecke, von der aus sie die Menschen einschüchtern will», sagte Jaschke. Auf seine umstrittenen Äußerungen ging das katholische Kirchenoberhaupt am Mittwoch selbst nicht mehr ein. Sein Sprecher Lombardi sagte, die Kirche setze auf eine Erziehung zur Verantwortung sowie auf kostenfreie Verteilung wirksamer Aids-Medikamente und Pflege. Der Papst rief am Mittwoch die Bischöfe im westafrikanischen Kamerun zu einer verstärkten Evangelisierung des Landes auf. Er legte ihnen dabei ans Herz, mit Aufklärungskampagnen der Verbreitung von Sekten und vor allem von abergläubischen Religionsformen zu begegnen.
Strengeres Wachen übers Zölibat
Der Papst nutzte seinen ersten Besuch als Pontifex in Afrika auch zu mahnenden Worten: Die familiären Werte der afrikanischen Familie müssten gegen die negativen Einflüsse der Moderne und der Säkularisierung verteidigt werden, sagte Benedikt in Jaunde bei einer ersten Begegnung mit etwa 30 Bischöfen. Wenn in Afrika Messen gefeiert werden, dann sollten diese nach Benedikts Meinung die Würde der Liturgie im Auge behalten, also nicht überborden.
Benedikt rief Kameruns Bischöfe angesichts der stark steigenden Zahl von Priestern auch auf, bei der Aufnahme und Ausbildung strenge Kriterien anzulegen. «In euren Diözesen gibt es viele junge Männer, die das Priesteramt anstreben», sagte er. Das mache es notwendig, die Bewerber persönlich und gut zu kennen und sie gründlich auszubilden. Besonders wichtig sei es dabei, auf die Treue der Priester zu ihrem Gelübde zu achten, sagte der Papst unter Anspielung auf das Zölibat. Benedikt XVI. besucht während seiner Afrika-Reise auch noch Angola. (epd/dpa)