Regierung: Leopard-Lieferung ohne Zustimmung wäre illegal

Deutschland hat der Ukraine Schützenpanzer zugesagt – aber was ist mit Kampfpanzern? Nach einer Ankündigung aus Polen steigt der Druck auf Scholz. Anträge gebe es allerdings keine, heißt es aus Berlin.
von  AZ/dpa
Ein Panzer der polnischen Armee vom Typ Leopard 2.
Ein Panzer der polnischen Armee vom Typ Leopard 2. © Armin Weigel/dpa/Archiv

Berlin - Der Bundesregierung liegen eine Woche vor den neuen Ramstein-Gesprächen über Militärhilfe für die Ukraine keine Anträge auf eine Überlassung von Leopard-Kampfpanzern vor.

Sehr enger Austausch mit USA, Frankreich und Großbritannien

"Es gibt keine Frage, auf die wir Nein sagen müssten, sondern wir sagen im Moment, dass wir uns in einem ständigen Austausch darüber befinden, was zu diesem Zeitpunkt das Richtige ist und wie wir die Ukraine unterstützen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin.

Einen sehr engen Austausch gebe es vor allem mit den USA, mit Frankreich, mit Großbritannien, aber auch mit Polen und mit Spanien.

Auf die Frage, was eine Weitergabe der Panzer aus deutscher Produktion ohne Zustimmung Deutschlands bedeuten würde, sagte sie: "Das wäre ja rechtswidrig. Es braucht ja die Zustimmung der Bundesregierung dazu. Das sind die Regeln."

Die Bundesregierung erwarte das auch nicht. "Das ist nichts, was uns umtreibt oder was wir befürchten. Ich halte das nicht für eine realistische Annahme", sagte sie. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, nötig seien sogenannte Reexportgenehmigungen. Die Vorgaben dafür seien im Kriegswaffenkontrollgesetz und im Außenwirtschaftsgesetz geregelt.

Politischer Druck aus Polen

Vor allem Polen macht politischen Druck für eine Lieferung von Leopard-Kampfpanzern, aber Rufe danach gibt es auch aus Finnland. Die Anträge auf Weitergabe von Kriegswaffen waren in der Vergangenheit oftmals nur noch eine Formalie, nachdem politische Details geklärt waren - und sind insofern nicht etwa als zwingender erster Schritt zu verstehen. Deutschland spielt in der Debatte eine Schlüsselrolle, weil die Panzer in Deutschland entwickelt wurden. In der Regel muss die Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion an Dritte genehmigt werden.

Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), erhöhte zuletzt den Druck auf den Kanzler. Deutschland müsse für die Lieferung der Leopard 2 endlich die Exportgenehmigung erteilen, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). "Der Kanzler sollte angesichts des Dramas in der Ukraine über seinen Schatten springen."

Marie-Agnes Strack-Zimmermann erhöht den Druck auf Kanzler Scholz.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann erhöht den Druck auf Kanzler Scholz. © Fabian Sommer/dpa

Strack-Zimmermann sagte, zwar mute der polnische Vorstoß stark nach Wahlkampf an, innerhalb dessen nur allzu gerne Deutschland vorgeführt werde. "Wir sollten so oder so aber bereits heute, parallel zur Ausbildung ukrainischer Soldaten am Schützenpanzer Marder, mit der Ausbildung am Leopard 2 beginnen." Sonst verliere man kostbare Zeit.

Deutschland hat der Ukraine bisher die weniger schlagkräftigen Schützenpanzer vom Typ Marder zugesichert. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bekräftigte gestern, dass eine Kampfpanzer-Lieferung derzeit nicht auf der Tagesordnung stehe. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schloss die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine aber nicht grundsätzlich aus. "Es gibt keine roten Linien." Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) sagte mit Blick auf eine Lieferung von Leopard-2-Panzern durch Polen an die Ukraine, Deutschland solle sich nicht in den Weg stellen, wenn andere Länder Entscheidungen zur Unterstützung der Ukraine träfen, unabhängig davon, welche Entscheidung Deutschland treffe.

Röttgen: Ohne nötige Hilfe wird es langes Blutbad geben

CDU-Außenexperte Norbert Röttgen sagte gestern in der ZDF-Sendung "maybrit illner": "Wenn wir der Ukraine nicht das Mögliche und Nötige geben, dann wird das ein lang andauerndes Blutbad geben." Das werde fürchterlich werden. "Wir werden auch keinen Weg zum Frieden finden, wenn nicht die Ukraine in die Lage versetzt wird, militärisch erfolgreich zu sein. Dann wird es keine politische Lösung geben." Vor der Alternative stehe man jetzt, "es so laufen zu lassen oder die Ukraine so zu unterstützen, dass Politik möglich wird".

Nächste Woche Freitag kommen die Verteidigungsminister der westlichen Verbündeten auf dem rheinland-pfälzischen US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zusammen, um über weitere Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet zu beraten. Dass sich die Bundesregierung bis dann für eine Lieferung von Kampfpanzern entscheide, sei "nicht sehr wahrscheinlich", hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch gesagt.

Für den Präsidenten des Reservistenverbandes der Bundeswehr, Patrick Sensburg, ist die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine nur eine Frage der Zeit. "Ich gehe fest davon aus, dass Deutschland der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern zustimmen wird. Die Frage ist nur, wann die Entscheidung fallen wird", sagte er der "Rheinischen Post" (Freitag). "Ich bin dafür, dass möglichst viele Leopard-Kampfpanzer auch aus Bundeswehrbeständen an die Ukraine geliefert werden." Im Gegenzug müsse die Bundeswehr mit erheblich mehr modernen Kampfpanzern ausgestattet werden.

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