Reform des Schulsystems: Versetzung gefährdet?

Der AZ-Chefredakteur Arno Makowsky über den Vorschlag von Christian Ude, das Sitzenbleiben abzuschaffen.
München - Heute also ist es mal wieder so weit: Mehr als eine Million Schülerinnen und Schüler bekommen ihr Zwischenzeugnis, und nicht wenige von ihnen lesen darin den schauerlichen Satz: „Versetzung gefährdet!“ Wenn jetzt zum Fünfer in Mathe noch einer in Latein dazukommt – dann ist alles vorbei. Dann heißt es: Sitzenbleiben!
Die Freunde aus der Klasse verlieren. Als Verlierer gelten. Gedemütigt in die Sommerferien gehen. Es ist so ungefähr das Schlimmste, was einem Schüler passieren kann.
Unter Wissenschaftlern und aufgeklärten Lehrern gilt längst als erwiesen, dass es sich beim Durchfallen in der Schule um ein ebenso anachronistisches wie sinnloses Bestrafungs-Instrument handelt. Warum muss ein Schüler, der etwa in Physik und Chemie schlechte Noten hat, auch alle anderen Fächer wiederholen? Sogar der eher konservative Bayerische Philologenverband hält das für falsch.
Insofern ist die Forderung von Christian Ude, das Sitzenbleiben gehöre endlich abgeschafft, nicht besonders originell, aber zweifellos richtig. Dass Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) diesen Vorschlag umgehend ablehnt, passt ins Bild einer zögerlichen und altmodischen Schulpolitik.
Natürlich ist es nicht damit getan, schlechte Schüler einfach in die nächste Klasse zu versetzen. Sie brauchen gezielten Förderunterricht in den entsprechenden Fächern, inklusive Leistungsnachweisen. Das zu organisieren ist eine schwierige Aufgabe, mit der sich das Schulministerium endlich mal eine gute Note verdienen könnte.