Razzien gegen Stiftungen überschatten Putin-Besuch
Berlin - Kurz vor der Ankunft Putins in Hannover an diesem Sonntag bekräftigte Wirtschaftsminister Philipp Rösler die Kritik der Bundesregierung am Vorgehen der russischen Behörden. "Razzien gegen deutsche Stiftungen sind nicht akzeptabel. Darauf hat die Bundesregierung mehrfach in aller Klarheit hingewiesen", sagte der Vizekanzler und FDP-Vorsitzende der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering, sieht die deutsch-russischen Beziehungen durch die Razzien beeinträchtigt.
Putin verteidigte seinen Kurs dagegen in einem am Freitagabend ausgestrahlten ARD-Interview. "Niemand verbietet diese Organisationen", sagte er. "Wir bitten nur, dass diese zugeben: Ja, wir betreiben die politische Tätigkeit, aber lassen uns aus dem Ausland finanzieren." Am Sonntagabend will Putin zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hannover-Messe eröffnen.
Ein umstrittenes russische Gesetz schreibt aus dem Ausland mitfinanzierten Nichtregierungsorganisationen (NGO) vor, sich als "ausländische Agenten" zu bezeichnen. Bürgerrechtler fürchten, als Spione verfolgt zu werden. Kürzlich wurden mehrere NGOs sowie die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die SPD-nahe Friedrich-Ebert- Stiftung durchsucht.
Pöttering forderte, dass sich der Europarat damit beschäftigt. Als Mitglied des Europarats sei Russland verpflichtet, die Freiheit des Einzelnen, die politische Freiheit und die Herrschaft des Rechts zu achten. Russland verstoße gegen diese Prinzipien der Demokratie, sagte der Vorsitzende der Adenauer-Stiftung und ehemalige Präsident des Europaparlaments in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Auf die Frage, ob das deutsch-russische Verhältnis durch die Razzien beschädigt sei, antwortete Pöttering: "Wenn demokratische Prinzipien in einem Land verletzt werden, dann führt das immer zu einer Beeinträchtigung der Beziehung zu den Ländern, die diese demokratischen Prinzipien achten." Er sei sehr zuversichtlich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem Treffen mit Putin "wie immer das Richtige anspricht".
Mehrere Organisationen haben Proteste zur Eröffnung der Hannover-Messe angekündigt. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth bezeichnete Putin als "Despoten" (Duden: Gewaltherrscher, herrischer Mensch, Tyrann). Mit dem Druck auf die Stiftungen versuche das Regime, "das zivilgesellschaftliche Engagement in Russland zu kriminalisieren und einzuschüchtern, zu diffamieren und zu diskreditieren", sagte sie der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag). Roth forderte Merkel auf, mit Putin Klartext zu reden.