Razzia im Finanzministerium: Ein eher ungewöhnliches Vorgehen

Was die Razzia im Finanzministerium mit der CDU und dem Wahlkampf zu tun hat. Eine Betrachtung.
Prof. Dr. Martin Balle |
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Am 9. September wurden niedersächsische Ermittler im Bundesfinanz- und im Bundesjustizministerium vorstellig.
Am 9. September wurden niedersächsische Ermittler im Bundesfinanz- und im Bundesjustizministerium vorstellig. © Christophe Gateau/dpa

In einer umfangreichen Recherche sind Redakteure des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" den Vorgängen rund um die Razzia, die vor wenigen Wochen im Finanzministerium vorgenommen wurde, nachgegangen.

Weshalb wurden wenige Tage vor der Wahl medienwirksam Durchsuchungen vorgenommen, weil Mitarbeiter der Kölner FIU (Financial Intelligence Unit), die melden soll, wo Bürgerinnen und Bürger im Verdacht stehen, Steuern nicht zu zahlen und so Geld zu waschen?

Was steckt hinter der Durchsuchung im Finanzministerium?

Diese Behörde untersteht dem Finanzministerium, das auf Meldungen aus dem FIU angewiesen ist, um handeln zu können. Das Resultat der Recherche hat zwei interessante Seiten.

Die eine: Seitdem der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble das FIU entgegen entschiedener Warnungen von Fachleuten vom Bundeskriminalamt zum Zoll verlagert hat, funktioniert diese Behörde nicht. Obwohl sein Nachfolger Olaf Scholz die Mitarbeiterzahl deutlich erhöht hat, funktioniert sie offenkundig noch immer nicht. Das hat aber nicht mit krimineller Energie zu tun, sondern mit Überforderung, Schlamperei, oder auch Mangel an Qualifikation. Das alles ist allerdings seit Jahren bekannt.

Der Staatsanwalt ist ein CDU-Parteifreund

Interessant ist vor allem die andere Seite der Recherche. Der Staatsanwalt Bernhard Südbeck, der die Durchsuchungen medienwirksam veranlasste, ist ein Parteifreund des Spitzenkandidaten der CDU Armin Laschet. Nicht nur begann er seine Karriere im Ministerium des niedersächsischen Justizministers Bernd Busemann (CDU), sondern er war sogar Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Cloppenburg.

Der Richter wiederum, der auf das Gesuch dieses Staatsanwaltes die Razzia im Finanzministerium genehmigte, mit Namen Philip Brauch, war früher als Oberstaatsanwalt dem Kollegen Südbeck unmittelbar unterstellt. Willkommen in der Bananenrepublik Deutschland!

Armin Laschet wollte den Sachverhalt im Triell nutzen

Den Ball, den ihm sein Parteifreund Südbeck scheinbar so wunderbar aufgelegt hat, versuchte Armin Laschet im Triell im Tor zu versenken, indem er das Handeln eines Staatsanwaltes für sakrosankt erklärte. (Sinngemäß: Wenn ein Staatsanwalt in Deutschland handelt, steht es einem Politiker nicht zu, das zu kommentieren, wie Olaf Scholz das getan hat, als er sagte, die fehlenden Informationen hätte man doch auch erfragen können.)

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Im Wahlkampfendspurt hat die Union also offenkundig aus den unteren Schubladen des Schreibtisches drei Strategien herausgeholt, mit denen sie das scheinbar verlorene Rennen um die Kanzlerschaft noch drehen will.

Die erste: Mit der SPD wird es einen Systemwechsel geben, der dieses Land wegführt von den Prinzipien von der Marktwirtschaft, wie wir sie kennen.

Ein ungewöhnliches Vorgehen

Die zweite: Die SPD stand historisch immer auf der falschen Seite der Geschichte Das ist zwar offenkundiger Blödsinn, aber im Wahlkampf scheinen solche Sätze irgendwie erlaubt.

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Und die dritte: Der Kanzlerkandidat der SPD ist eigentlich ein Gangster und nicht ein honoriger hanseatischer Ehrenmann. Lasst uns ihm am Zeug flicken, wo es nur geht!

Für eine Partei, die immerhin das C für christlich im Namen trägt, ist das schon ein ungewöhnliches Vorgehen. Ob es am Ende verfängt? Nächsten Sonntag wird man es wissen.

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4 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 21.09.2021 15:40 Uhr / Bewertung:

    Sehr gute und analytische Betrachtung!
    Nicht nur was die Auslagerung durch Schäuble betrifft, vor deren Überforderung Experten warnten. Und dem Nachfolger, der das Problem durch Beamtenaufstockung auch nicht in den Griff bekam, den "Schwarzen Peter" zuzuschieben, ist einfach schlechter Stil.
    Was auch sichtbar wird an den drei "Schubladen", die man jetzt im Wahlkampf rausgezogen hat. Jeder halbwegs informierte Bürger durchschaut eigentlich das "Spiel".

  • Sarah-Muc am 21.09.2021 12:01 Uhr / Bewertung:

    Das war doch sofort klar, was da für ein Spiel gespielt wird.
    Sowas von "transparent" aber auch!

  • Noredundgreen13 am 21.09.2021 10:17 Uhr / Bewertung:

    Ein honoriger, hanseatischer Ehrenmann? Einer der jede Menge Gedächtnislücken hat, der als Bürgermeister beim G20 Gipfel völlig versagt hat, den Geldwäsche offensichtlich jahrelang nicht sonderlich interessierte? An dem alles teflonartig abperlt? Nun ja, kann man so sehen, muss man aber nicht!

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