Rauchverbot auf der Kippe

Erstmals hat ein deutsches Gericht gegen ein totales Rauchverbot entschieden. Das Verfassungsgericht in Koblenz kippte die Regelung. Damit dürfen Rheinland-Pfälzer in Eckkneipen weiter qualmen.
KOBLENZ Winfried Krahwinkel (69) darf aufatmen – und weiter Rauch einatmen: Der Betreiber der kleinen Koblenzer Eckkneipe „Wirtshaus Overbergplatz“ ist einer von fünf Kneipiers, die vor dem rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof gegen das Rauchverbot geklagt hatten – und zwar mit Erfolg! Am Dienstag ordneten die Richter per Eilentscheidung an, dass in Ein-Raum-Kneipen zunächst weiter gequalmt werden darf.
Voraussetzung ist, dass das Lokal vom Inhaber selbst geführt werde, dort keine weiteren Beschäftigten angestellt sind und die Kneipe für jedermann sichtbar am Eingang als „nicht rauchfreie Gaststätte“ gekennzeichnet ist. Bei dem Beschluss handelte es sich um eine einstweilige Anordnung – das Urteil folgt erst in einigen Monaten.
Eingriff in Eigentum und das Recht auf freie Berufswahl
Das Nichtraucherschutzgesetz in Rheinland-Pfalz sieht vor, dass in Kneipen nur noch in Nebenräumen geraucht werden darf. Krahwinkel und seine Kollegen sahen darin einen Eingriff in ihr Eigentum und in das Recht auf freie Berufswahl. Während die Verfassungshüter die Beschwerde eines Mainzer Rauchers abschmetterten, fanden die kleinen Wirte Gehör: Das Verbot beeinträchtige sie stärker als die Besitzer von Gaststätten, die Raucherräume einrichten können. Ob diese „wirtschaftlich voraussichtlich gravierende Ungleichbehandlung“ gerechtfertigt sei, werde im Hauptverfahren geklärt. Bis dahin darf weiter geraucht werden, so die Richter: Den Inhabern von Eckkneipen würde sonst die Vernichtung ihrer beruflichen Existenz drohen, da ihre Kundschaft zu 80 Prozent aus Rauchern bestehe. Familien, Jugendliche und Menschen mit Atemwegserkrankungen könnten dagegen mit der Situation leben. Erstaunliche Begründung der Richter: Sie zählten nicht zu den „typischen Gästen“ von Eckkneipen.
Vorerst keine Folgen für Bayern
Für das bundesweit schärfste Nichtraucherschutzgesetz in Bayern hat die Koblenzer Entscheidung vorerst keine Folgen. CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid schloss gestern jede Aufweichung des Rauchverbots rigoros aus. Die Liberalen witterten dagegen Morgenluft: Die Staatsregierung müsse ihr „überzogenes totales Rauchverbot“ schleunigst ändern“, so FDP-General Martin Zeil.
Auch bayerische Wirte haben übrigens Verfassungsbeschwerde gegen das Rauchverbot eingereicht – sie klagten jedoch direkt vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein Urteil soll heuer fallen.
jox