Rauchergesetz: Kippt die FDP?
Im Wahlkampf hatten die Liberalen für die Qualmer gekämpft – jetzt schlägt sich ihr Gesundheitssprecher auf die andere Seite. Aber: „Da ist das letzte Wort in der Fraktion noch nicht gesprochen.“
MÜNCHEN Für die FDP war es der große Wahlkampfschlager: „Leben und leben lassen!“ Sie zog gegen das strengste Rauchverbot der Republik zu Felde – und in den bayerischen Landtag ein. Doch jetzt, wo sie in Bayern mitregiert, bekommen führende Liberale kalte Füße und knicken beim Kampf um die Freiheit des Glimmstängels ein.
Ihr gesundheitspolitischer Sprecher und Fraktionsvize Otto Bertermann, der sogar die Liberalisierung des Qualmverbots im Koalitionsvertrag mit der CSU formuliert hat, räumte gegenüber der AZ offen ein: „Ich habe meine Meinung geändert. Die Mehrheit der Bevölkerung will kein neues Gesetz.“ Dabei ist Umweltminister Markus Söder schon mit Volldampf dabei, das Rauchverbot zu lockern, so wie es der Koalitionspartner FDP gefordert hat.
Künftig soll in Festzelten, Einraumkneipen bis 75 Quadratmetern und in Nebenräumen wieder geraucht werden. Damit sind dann aber auch die Raucherclubs passé. Noch vor Weihnachten will Söder seinen Entwurf dem Kabinett vorlegen. Im Frühjahr soll er verabschiedet werden. „Das alte Gesetz hat sich in der Praxis leider nicht bewährt“, sagt er.
Der in München praktizierende Arzt und FDP-Abgeordnete Otto Bertermann sieht das inzwischen völlig anders: „Bei den Menschen hat seit Einführung des Rauchverbots eine Bewusstseinsänderung stattgefunden. Sogar bei privaten Einladungen wird kaum mehr geraucht.“ Die Mehrheit habe sich an das Gesetz gewöhnt, finde es gut und genieße, dass nicht mehr geraucht werde. Bestätigt fühlt sich Bertermann durch eine Umfrage des Instituts für Marktforschung. Nur 29 Prozent der Bayern würden eine Aufweichung eher begrüßen. 56 Prozent aber sind gegen die Lockerung, die CSU und FDP vereinbart haben.
In der Fraktion sorgt Bertermanns Umschwung inzwischen für eine heftige Diskussion. Landtagsvizepräsident Jörg Rohde geht auf den Umfaller los: „Wir können doch jetzt unser Wahlversprechen nicht brechen.“ Doch Bertermann bleibt stur. „Da ist das letzte Wort in der Fraktion noch nicht gesprochen.“
Denn auch den Gegnern des Rauchverbots wird inzwischen klar, was heißen würde, wenn die Raucherclub-Lösung mit einem neuen Gesetz wegfällt. Das Verfassungsgericht hat nämlich genaue Vorgaben gemacht: In den Einraumkneipen, in denen geraucht wird, darf kein Essen serviert werden. Und in den Raucher-Nebenräumen der Discos darf nicht getanzt werden.
Zwei Stunden hat der Chef des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur, Heinrich Kohlhuber, am Donnerstag im Wirtschaftsministerium in München versucht, für die Raucherclubs zu kämpfen. Die will er unbedingt behalten, um das Bundesverfassungsgericht auszutricksen, damit in Bayern geraucht, gegessen und getanzt werden darf. Kohlhuber: „Dann sind wir bei der Europa- und Bundestagswahl wieder auf der Seite der CSU.“ Und nicht bei der FDP.
Angela Böhm