Putsch-Gerüchte in der SPD

BERLIN - Vier SPD-Granden planen angeblich den Sturz des Kanzlerkanidaten. Natürlich wird von allen Seiten heftig dementiert. Was ist dran an den Putschgerüchten gegen Kurt Beck?
Das ärztliche Bulletin für Kurt Beck klingt schauderhaft: Der SPD-Chef muss mit einer „hochfiebrigen Virusgrippe“ samt „eitriger Mandel und Stimmbandentzündung“ noch bis mindestens Ende dieser Woche das Bett hüten.
Politisch geht’s dem Pfälzer keinen Deut besser: Am Wochenende berichtete der „Spiegel“ über Pläne für einen Putsch gegen den Vorsitzenden: „Beck soll weg“, zitiert das Nachrichtenmagazin aus hochrangigen SPD-Kreisen – und zwar zunächst als Kanzlerkandidat.
Den Plan ausgeheckt haben laut „Spiegel“ die beiden Beck-Vizes Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier. Telefonisch sollen sich die Rebellen mit Becks Vorgänger Matthias Platzeck sowie Ex-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering abgestimmt haben: „Es gibt unter den Vieren eine Übereinkunft, dass man dem Vorsitzenden in den Arm fallen muss“, so das Magazin. Statt Beck soll Steinmeier antreten.
Die Verschwörer hätten Außenminister Steinmeier gebeten, 2009 als Kontrahent von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Wahlkampf zu ziehen. Auch seien Müntefering, Platzeck und Fraktionschef Peter Struck gefragt worden, ob sie als Übergangs-Parteichef zur Verfügung stünden. Steinmeier wies den Bericht als „Unsinn“ zurück. Entsprechende Verabredungen hätten „ganz sicher nicht“ stattgefunden. Gleichwohl erwarte er schwierige Diskussionen in der SPD.
Auch Platzeck ließ die Putschgerichte als „absoluten Blödsinn“ dementieren. Für ihn stehe fest, „dass Kurt Beck als Vorsitzender das erste Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur“ habe. Gleichzeitig rückte Platzeck inhaltlich von Beck ab: „So, wie sich die Linkspartei im Westen Deutschlands darstellt, kann ich mir derzeit eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht vorstellen.“
Steinbrück zürnte, ein Strategiewechsel wie der von Beck brüsk verordnete müsse „intern besser kommuniziert und vorbereitet werden“. Prompt warf sich Nord-Landeschef Ralf Stegner für Beck in die Bresche und warf Steinbrück Illoyalität vor: „Wenn der Vorsitzende krank ist, dann haben seine Stellvertreter die Aufgabe, ihn zu vertreten, nicht zu treten.“
Die übrigen Solidaritätsadressen, die am Wochenende aus der Partei für Beck kamen, fielen eher pflichtschuldig aus: „Der Parteivorsitzende ist stark“, sagte Arbeitsminister Olaf Scholz. „Er sitzt ganz sicher im Sattel.“ Ähnliches flötete Umweltminister Sigmar Gabriel, dem selbst Machtambitionen nachgesagt werden: „Kurt Beck ist und bleibt unser Vorsitzender. Wer einen Karren ziehen soll, muss sich auf die Loyalität seiner Leute verlassen können.“ CDU-Chefin Merkel streute derweil genüsslich Salz in die Genossen-Wunden: Becks „Wortbruch“ sei eine „Erfahrung, die bleibt“, sagte sie indigniert dem „Spiegel“: „Das Verhalten der SPD und ihres Vorsitzenden wird von allen künftig sicher auch im Lichte dieser Erfahrung beurteilt.“
Im Willy-Brandt-Haus arbeiten Beck-Getreue dem Vernehmen nach bereits an einem „Come-Beck“. Nach der Genesung soll der Parteichef eine Pressekonferenz geben und in einer TV-Talkshow seine Position erläutern.