Putin weist in TV-Fragestunde Kritik zurück

Es gebe keine politischen Gefangenen in Russland, sagte Putin live im Staatsfernsehen in einer mehrstündigen Fragestunde.
von  dpa

Moskau - Nach scharfer Kritik am russischen Vorgehen gegen Kremlgegner wie den Oppositionsführer Alexej Nawalny hat Präsident Wladimir Putin seinen Kurs verteidigt. Es gebe keine politischen Gefangenen in Russland, sagte Putin live im Staatsfernsehen in einer mehrstündigen Fragestunde.

"Leute, die gegen Korruption kämpfen, müssen selbst eine weiße Weste haben", meinte der Präsident. Seinen Gegnern warf er vor, keinen geregelten Dialog anzustreben. Für Überraschung sorgte ein spektakulärer Schlagabtausch mit Ex-Finanzminister Alexej Kudrin vor laufender Kamera.

Der international anerkannte Kudrin wies Putins Angebot zurück, wieder eine Führungsrolle zu übernehmen. Stattdessen warf er der Regierung eine "Politik der Halbheiten" vor. Der Präsident spöttelte daraufhin: "Er ist ein Faulpelz und will nicht arbeiten." Rücktrittsforderungen gegen das Kabinett um Regierungschef Dmitri Medwedew lehnte der Präsident ab.

Für den "heißen Draht mit Wladimir Putin", den Regierungsgegner als "Dauerwerbesendung" kritisieren, waren nach Angaben des Staatsfernsehens mehr als drei Millionen Fragen eingereicht worden. Davon beantwortete Putin 85 Fragen in einer Rekordzeit von vier Stunden und 46 Minuten.

Bei Live-Schalten in alle Teile des Riesenreiches forderten Bürger vor allem höhere Renten, niedrigere Steuern und Preise sowie modernere Infrastruktur. Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg posierten im Gebiet Belgorod südlich von Moskau vor Panzern. Von einer Luftwaffenbasis startete martialisch eigens ein Kampfjet.

Angesichts heftiger Kritik auch aus dem Ausland forderte Putin "Ordnung und Disziplin" ein. Wer gegen das Gesetz verstoße, müsse dafür bestraft werden, sagte er. "Nur weil irgendwer "Haltet den Dieb" ruft, darf er nicht selbst stehlen", sagte der Präsident mit Blick auf Nawalny, der Putin als "Dieb" kritisiert. Dem Blogger, der Ambitionen auf das Präsidentenamt bekundet hatte, drohen wegen Veruntreuung zehn Jahre Haft. Er soll eine Staatsfirma umgerechnet um etwa 400 000 Euro betrogen haben. Bürgerrechtler befürchten, dass Nawalny politisch kaltgestellt werden soll.

Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sprach sich Putin für einen "Schulterschluss" mit den USA aus. "Wenn wir unsere Kräfte vereinen, werden wir solche Anschläge nicht zulassen und keine derartigen Verluste mehr erleiden müssen", betonte er. Eine "russische Spur" zum Anschlag auf den Marathon in Boston wies der Kremlchef zurück. Zudem lehnte Putin Kopftücher von muslimischen Schülerinnen und Studentinnen als gefährlich ab.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.