Putin signalisiert Obama Gesprächsbereitschaft

US-Präsident Barack Obama warnt Russland unmissverständlich vor einer militärischen Bedrohung eines Nato-Staates in Ost- und Mitteleuropa.
dpa |
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Brüssel/Warschau - Auf dem neuen Tiefpunkt der Beziehungen mit den USA zeigt sich Kremlchef Wladimir Putin dennoch offen, am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in Frankreich mit Obama zu sprechen.

Angesichts der Annexion der Krim durch Russland beschwor Obama in Warschau die vertraglich geregelten Bündnispflichten der Nato: "Artikel 5 ist eindeutig - ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle." Er fügte hinzu: "Als Alliierte haben wir die ernste Pflicht - eine bindende Vertragsverpflichtung - unsere territoriale Integrität zu verteidigen."

Obama hatte am Vortag schon angekündigt, eine Milliarde Dollar (etwa 735 Millionen Euro) mobilisieren zu wollen, um befristet zusätzliche US-Truppen im einst kommunistischen Machtbereich Moskaus zu stationieren.

Bis zum Gipfel der führenden westlichen Industriestaaten (G7) am Mittwochabend in Brüssel gab es vom US-Präsidenten kein öffentliches Zeichen, das Gespräch mit Putin suchen zu wollen.

Putin reagierte darauf mit Unverständnis. "Es ist seine Entscheidung, ich bin bereit zum Dialog", sagte er in am Mittwoch ausgestrahlten Auszügen aus einem Interview der französischen Sender Europe 1 und TF1. Er hoffe, dass die aktuelle Situation keine neue Etappe des Kalten Krieges darstelle.

Obamas engste europäische Verbündete - Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron - werden hingegen mit Putin in Paris und bei der Feier in der Normandie den Dialog suchen.

Die Bundeskanzlerin unterstrich bei der Ankunft in Brüssel die Entschlossenheit des Westens, notfalls weitere Strafmaßnahmen gegen Russland zu verhängen. "Die Gruppe der G7 hat sehr gut zusammengehalten in den vergangenen Wochen", sagte sie. Man sei zum Dialog mit Russland bereit, allerdings müsse der Kreml die Lage spürbar entschärfen. Die G7 werde "auch wieder deutlich machen, wenn das alles nicht hilft, dass dann auch weiter Sanktionen im Raum stehen."

Obama nannte den Anschluss der Krim an Russland unannehmbar. "Wir werden diese Annexion niemals akzeptieren", sagte er zum Gedenken an die ersten teilweise freien Wahlen in Polen am 4. Juni 1989. Das Votum wurde zu einem Triumph für die polnische Bürgerrechtsbewegung und die Gewerkschaft Solidarnosc.

Freiheit sei ein kostbares Gut, für das die Länder Ost- und Mitteleuropas einen hohen Preis hätten zahlen müssen. "Polen und auch Litauen und Rumänien werden niemals alleine stehen", sagte der Präsident. Vielmehr stünden an ihrer Seite mit den USA die stärkste Militärmacht der Welt und mit der Nato eine unzerstörbare Allianz.

"Das sind nicht nur Worte, das sind unverbrüchliche Verpflichtungen", rief Obama. Die Stärke der Nato richte sich aber nicht als Bedrohung gegen ein anderes Land.

Das sieht Putin völlig anders. Harsch kritisierte er die Politik Washingtons: "Es ist kein Geheimnis, dass die amerikanische Politik die aggressivste und härteste ist."

Merkel hatte zuvor in einer Regierungserklärung in Berlin klar gemacht, dass Putin endlich seinen Einfluss in der Ostukraine geltend machen müsse, um Gewalt und Einschüchterung durch prorussische Separatisten Einhalt zu gebieten.

Bei dem zweitägigen Gipfel wollten die Staats- und Regierungschef eine gemeinsame Linie für den weiteren Umgang mit Russland festlegen und sich auf Hilfsmaßnahmen für die nahezu bankrotte Ukraine verständigen.

Die Kanzlerin rechtfertigte den Ausschluss Russlands aus dem G8-Kreis. Erstmals seit 16 Jahren kamen die G7 ohne Russland zusammen. "Die G8 sind eben nicht nur eine ökonomische Gemeinschaft, sondern sie sind auch eine Gemeinschaft, die Werte teilt", sagte sie.

Der G7-Gipfel wurde erstmals von der Europäischen Union ausgerichtet. Nach der Krim-Annexion hatten die G7 Putin aus ihrem Kreis ausgeschlossen und ein ursprünglich im russischen Sotschi geplantes G8-Treffen abgesagt.

Russland werde sich nun auf das größere G20-Format konzentrieren, zu dem aufstrebende Nationen wie China, Indien und Südafrika gehören, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow einem Radiosender. Eine Rückkehr in den Kreis der G8 stehe derzeit nicht zur Debatte,

In Warschau nutzte der US-Präsident die Feierlichkeiten, den neu gewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zu treffen. Obama sicherte ihm umfangreiche Hilfe bei der Modernisierung des Landes zu. "Die USA stehen nicht nur in den kommenden Tagen und Wochen hinter dem ukrainische Volk, sondern in den kommenden Jahren", sagte er.

Zur Gipfelrunde gehören neben Merkel und Obama die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan. Gastgeber sind EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.

Neben der Ukraine-Krise geht es beim Gipfel auch um die Lage der Weltwirtschaft, Handelsfragen, Energiesicherheit und Entwicklungshilfe.

Hilfsorganisationen warnten vor einer Vernachlässigung von Themen wie Armut und Hunger. Die Staats- und Regierungschefs sollten sich daran erinnern, dass extreme Armut direkt zu Konflikten und Instabilität beitrage, sagte ein Sprecher der Organisation One.

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