Putin bietet der Nato Freundschaft an
Für den Kremlherrscher ist der Besuch in Bukarest der letzte Gastauftritt auf einem Nato-Gipfel gewesen. Obwohl er die Konfliktlinien klar benennt, stößt seine Charme-Offensive auf viel Gegenliebe.
Wladimir Putin hat der Nato auf dem letzten Nato-Gipfeltreffen, an dem er als russischer Präsident zu Gast war, dem Bündnis und seinen Mitgliedern eine vertrauensvolle Freundschaft angeboten.
Wenige Wochen vor dem Machtwechsel im Kreml schlug der der Kremlherrscher am Freitag in Bukarest versöhnliche Töne an - trotz der ernsten Konflikte um die Ost-Erweiterung des Bündnisses, um Raketenabwehr und Abrüstung. Nach Gesprächen mit den 26 Staats- und Regierungschefs wandte er sich zum Abschluss des Nato-Gipfels direkt an die Vertreter der Bündnisländer: «Lassen Sie uns Freunde sein. Lassen Sie uns offen miteinander reden.»
Putin: Keine Rückkehr zum Kalten Krieg
Putin schloss eine Rückkehr zum Kalten Krieg kategorisch aus. «Nein, das ist nicht möglich, das ist in niemandes Interesse», sagte er. «Keiner der globalen Spieler - die USA, Europa, Russland - hat ein Interesse daran, zu vergangenen Zeiten zurückzukehren.» Putin appellierte an die Nato, die Zusammenarbeit mit Russland zu suchen. Obwohl sich der Kremlherrscher betont konstruktiv und versöhnlich zeigte, sparte er auch nicht mit Kritik an der Nato. Ohne den Beitrittswunsch Georgiens und der Ukraine namentlich zu erwähnen, bekräftigte er seinen Widerstand dagegen: «Das Entstehen eines mächtigen Militärblocks an unseren Grenzen würde in Russland als direkte Bedrohung der Sicherheit unseres Landes betrachtet werden.» Er fügte hinzu: «Erklärungen, dass dies keine Bedrohung für uns ist, sind nicht ausreichend. Nationale Sicherheit wird nicht auf Versprechungen aufgebaut. Vor allem, weil wir ähnliche Versprechen schon mehrfach vor früheren Ausdehnungswellen der Nato gehört haben.»
Hauptstreitpunkte Erweiterung und Raketenabwehr
Als Hauptstreitpunkte beider Seiten benannte Putin neben der Ausdehnung der Nato den Aufbau neuer militärische Infrastrukturen in den östlichen Bündnisstaaten, den von Moskau ausgesetzten Vertrag über konventionelle Streitkräfte und die US-Raketenabwehr in Europa. Er hoffe, in der Frage der Raketenabwehr beim bevorstehenden Treffen mit US-Präsident George W. Bush am Wochenende am Schwarzen Meer Fortschritte machen zu können: «Da müsste man erstens gemeinsam die Bedrohungsanalyse erstellen, zweitens gemeinsam eine Raketenabwehr-Architektur dafür entwickeln und drittens gleichen und demokratischen Zugang zum Betrieb dieses Systems garantieren.» Putin kündigte beim Gipfel ein Abkommen an, das der Nato erlaubt, auch militärischen Nachschub für die Afghanistan-Schutztruppe Isaf mit Ausnahme von Waffen auf dem Landweg durch Russland zu transportieren.
Lobende Worte: Kontruktiver Putin
Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte, Putin habe sich vor dem Antritt seines Nachfolgers Dmitri Medwedew im Mai im Kreis der Alliierten «sehr konstruktiv» gezeigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, der Nato-Russland-Rat müsse häufiger auf Chefebene tagen. «Das muss öfter stattfinden, um Missverständnisse auszuräumen», sagte sie nach dem Gespräch mit Putin. Der Dialog mit Moskau müsse selbstverständlich und regelmäßig geführt werden. Insgesamt sei der Nato-Gipfel «sehr erfolgreich und sehr politisch» gewesen, zog sie eine Bilanz. Im Streit um die spätere Aufnahme Georgiens und der Ukraine sei «aus Aufregung eine Lösung entstanden». Merkel betonte, das strategische Raketenabwehrsystem sei nicht gegen Russland gerichtet. «Russland ist unser Partner.» Zu den offenen Frage im Bündnis gehöre noch, wie das US-System mit einem ergänzenden System der Nato verbunden werden könne und wer welche Kosten trage.
Juschtschenko trotz Aufschubs zufrieden
Vor Putin hatte die Gipfelrunde am Morgen den ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko empfangen. Juschtschenko nannte die Beitrittszusage für sein Land historisch und versicherte, das Streben der Ukraine in die Nato sei nicht gegen Russland gerichtet. Sein Land hatte es noch nicht bis zur direkten Vorstufe einer Mitgliedschaft geschafft hatte. Der Gipfel hatte am Donnerstag die sofortige Aufnahme der Ukraine und Georgiens in einen «Aktionsplan für die Mitgliedschaft» (MAP) - die Vorstufe zum Beitritt. Zugleich wurde in Bukarest aber auch erklärt: «Wir sind übereingekommen, dass diese beiden Länder Mitglieder der Nato werden.» US-Präsident Bush hatte auf eine Aufnahmen in den Aktionslan gedrungen, war aber am Widerstand unter anderem von Deutschland und Frankreich gescheitert. Huschtschenko zeigte sich dennoch zufrieden. «Die Ukraine wird in der Nato sein. Das ist ein historisches Ereignis für unsere Menschen und unser Land.» (dpa)