Prozess um Lose aus dem Supermarkt

Los geht's - oder nicht? Die "Aktion Mensch" vertreibt ihre Lose über Postwurfsendungen, Banken, Sparkassen und die Post.
von  dpa

Los geht's - oder nicht? Die "Aktion Mensch" vertreibt ihre Lose über Postwurfsendungen, Banken, Sparkassen und die Post. Doch die Verkaufszahlen über diese Wege sinken.

Mainz - Die Lotterie, die als "Aktion Sorgenkind" vor 50 Jahren vom ZDF ins Leben gerufen wurde, will daher Losgutscheine über eine Supermarkt- und eine Drogeriekette vertreiben - darf es aber nicht. Deshalb hat die "Aktion Mensch" gegen das Land Rheinland-Pfalz geklagt, das für Soziallotterien zuständig ist.

Das Land hält eine Erlaubnis für gewerbliche Spielvermittlung für notwendig. Die Lotterie fürchtet nun sinkende Verkäufe - und weniger Chancen zur Förderung sozialer Projekte. An diesem Montag befasst sich das Verwaltungsgericht Mainz mit dem Fall.

Die "Aktion Mensch" ist nach eigenen Angaben Deutschlands größte Soziallotterie und fördert soziale Projekte pro Jahr mit 150 bis 160 Millionen Euro. 4,5 Millionen Spieler machen mit.

Showmaster Peter Frankenfeld sammelte von 1964 an in der ZDF-Sendung "Vergißmeinnicht" Spenden für Contergan-geschädigte Kinder. Später warb Wim Thoelke für die Lotterie zur Unterstützung behinderter Menschen, unter anderem im Rateklassiker "Der Große Preis" (bis 1992) - mit Loriots Figuren Wum und Wendelin.

Inzwischen zeigt das ZDF die Sendung "Menschen - das Magazin", um auf die Lotterie aufmerksam zu machen. So, wie sich die Form des Werbens geändert hat, ändert sich auch das Kaufverhalten für Losgutscheine. Der klassische Vertriebsweg schrumpft laut Lotterie.

"In den letzten zehn Jahren ist der Rückgang 80 Prozent, das sind bei uns gut eine halbe Million Lose", sagt "Aktion Mensch"-Vorstand Armin von Buttlar. "Jetzt müssen wir alternative Kontaktpunkte finden, so dass unsere Kunden überhaupt die Möglichkeit haben, an ein Los zu kommen."

Zwei Handelsketten wollten die Lose anbieten. Doch Rheinland-Pfalz sagt Nein. Denn das Glücksspielkollegium mit Vertretern der Innenministerien der 16 Länder hat Bedenken: "Die Argumentation des Glücksspielkollegiums vor Gericht ist: Der Vertrieb ... ist eine gewerbliche Spielvermittlung, die erlaubnispflichtig sei und dadurch den gleichen Restriktionen unterliege wie andere Glücksspielprodukte", teilt die Staatskanzlei in Mainz mit.

Die "Aktion Mensch" entgegnet, wer den Gutschein kaufe, nehme noch nicht an der Lotterie teil. Der Gutschein werde, wenn es dazu komme, erst später bei der Lotterie aktiviert. Sie spricht auch von Bedenken der Länder, Glücksspiele im Umfeld von Gütern des täglichen Lebens zu verkaufen.

"Unsere Lose - das bestreitet auch niemand - sind weder gefährlich noch suchtgefährdend noch der Geldwäsche zugänglich", sagt von Buttlar. Er sieht den politischen Willen des Staatsvertrags umgangen: "Die Glücksspielanbieter mit geringem Gefährdungspotenzial, und das sind die Soziallotterien allemal, das ist auch im Gesetz so genannt, unterliegen bestimmten Privilegien."

Viel Glück haben die Länder mit ihrem Glücksspielstaatsvertrag, der seit Mitte 2012 gilt, bisher nicht. Ein Ziel war zum Beispiel, illegale Anbieter von Sportwetten zurückzudrängen. Doch beim neuen Vertrag machte Schleswig-Holstein erst 2013 mit, vergab in der Zwischenzeit Lizenzen. Dazu läuft ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Denn der Bundesgerichtshof bat zu klären, ob die zeitweilige Lizenzvergabe für Online-Glücksspielanbieter im Norden die bundesweiten Beschränkungen für Glücksspiel im Netz obsolet macht.

Vor dem Mainzer Verwaltungsgericht geht es erstmal nur um den Vertrieb der "Aktion Mensch"-Lose über den Handel. Eine Sprecherin des Gerichts sagt, bisher sei offen, ob das Urteil bereits an diesem Montag verkündet oder schriftlich zugestellt werde. Die Soziallotterie plant bereits ein weiteres Verfahren - etwa um das Verbot von Geschenk-Losen im Internet zu kippen. Denn Gewinne sollen nur noch an den Loskäufer ausgezahlt werden - und nicht an einen anderen, der das Geschenk bekommt.

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