Prozess gegen Bo Xilai fortgesetzt
Der Prozess gegen den gestürzten chinesischen Spitzenpolitiker Bo Xilai ist in der ostchinesischen Stadt Jinan fortgesetzt worden. Nach Demonstrationen und Festnahmen am Vortag hatte die Polizei die Sicherheitsvorkehrungen vor dem Gericht verstärkt und zusätzliche Straßenzüge abgesperrt.
Jinan - Den zweiten Prozesstag begann die Staatsanwaltschaft zunächst mit weiteren Korruptionsvorwürfen gegen den früheren Politstar, der einst gute Chancen auf einen Aufstieg in die engste Führung hatte.
Außer Korruption wird Bo Xilai auch Amtsmissbrauch vorgeworfen. Der frühere Parteichef von Chongqing soll die Ermittlungen in den Mordverdacht gegen seine Frau Gu Kailai behindert haben. Die Enthüllungen seines Polizeichefs über den Giftmord hatten den größten Skandal in der jüngeren Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas ins Rollen gebracht. Im August 2012 war Gu Kailai wegen Mordes an dem befreundeten britischen Geschäftsmann Neil Heywood zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt worden.
Zum Prozessauftakt am Donnerstag hatte Bo Xilai die Vorwürfe wegen Korruption kämpferisch zurückgewiesen und der Anklage eine schwache Beweisführung vorgeworfen. Das kommunistische Parteiorgan "Volkszeitung" nannte die Fakten der Verbrechen am Donnerstag aber "unumstößlich". Das Blatt warf Bo Xilai ausweichende Antworten und "Wortspielereien" vor. Es wurde erwartet, dass Freitag der letzte Verhandlungstag sein dürfte. Das Urteil soll möglicherweise im September verkündet werden, wie Staatsmedien berichteten. Dem 64-jährigen drohen zwischen 15 Jahren und lebenslanger Haft.
Dem einst aufsteigenden Stern der Kommunistischen Partei wirft die Anklage vor, insgesamt 21 Millionen Yuan, umgerechnet 2,5 Millionen Euro, an Bestechungsgeldern angenommen zu haben. Als Kronzeuge trat der Milliardär Xu Ming auf, der im Zuge des Skandals im April 2012 selbst festgenommen worden war. Er berichtete, rund 20 Millionen Yuan zum Kauf einer Villa in Südfrankreich durch Gu Kailais Frau beigetragen und den Sohn Bo Guagua finanziell unterstützt zu haben. Nach Berichten soll der Brite Heywood das Anwesen verwaltet haben.
Der Politiker gab hingegen vor, in den vergangenen Jahren nur wenig Kontakt zu seiner zeitweise im Ausland lebenden Frau gehabt zu haben und nicht über solche Zahlungen informiert worden zu sein. Auf Nachfragen durch Bo Xilai bestätigte Xu Ming, Chef der Dalian Shide Gruppe, den Politiker nicht persönlich darüber informiert zu haben, wie aus den Auszügen hervorging, die das Gericht über seinen twitterähnlichen Mikroblog veröffentlichte.
"Er stand Gu Kailai nahe", sagte Bo Xilai über den Milliardär. "Er ist nicht mein Freund. Ich habe ihn niemals einzeln getroffen." Ein früheres Geständnis gegenüber der Disziplinarkommission der Partei widerrief Bo Xilai. Er sei unter Druck gesetzt worden. "Ich habe es gegen meinen Willen zugegeben", sagte Bo Xilai. "Ich bin nicht perfekt, ich bin kein Mann mit einem starken Willen", sagte der Politiker. "Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber es sollte geklärt werden, was ein Verbrechen ist und was nicht."