Proteste vor dem Kanzleramt: Atomkraft? Nein danke!

Der alte Slogan kommt zu neuen Ehren: Bei einer der größten Demonstrationen der letzten Jahre wehren sich hunderttausend Menschen gegen die Atompolitik von Schwarz-Gelb.
von  Abendzeitung
Atomgegner im Regierungsviertel von Berlin.
Atomgegner im Regierungsviertel von Berlin. © dpa

BERLIN - Der alte Slogan kommt zu neuen Ehren: Bei einer der größten Demonstrationen der letzten Jahre wehren sich hunderttausend Menschen gegen die Atompolitik von Schwarz-Gelb.

Es war eine Großdemo, die Erinnerungen an längst vergangene Zeiten weckte. Wie in den Anfangstagen der Grünen gingen am Wochenende Menschenmassen auf die Straßen, um gegen Atomkraft zu demonstrieren. Gut hunderttausend Menschen protestierten in Berlin gegen die umstrittene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke – es war eine der größten deutschen Demonstrationen der letzten Jahre.

„Atomkraft nein danke“ – das berühmte Symbol mit der roten Sonne auf gelbem Grund beherrschte wieder das Bild beim Protest vor dem Bundestag. Eine Menschenkette umzingelte das Reichstagsgebäude. Dabei kamen weit mehr Menschen, als die Organisatoren, darunter der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), gedacht hatten.

Politiker waren auf der Kundgebung als Redner unerwünscht. Sie kamen trotzdem, reihten sich aber in die Demonstranten ein. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, die tagelang unter Verschluss gehaltene Einigung zwischen Schwarz-Gelb und der Atomindustrie sei „ein Anschlag auf die Demokratie“. Roth: „Wir werden auf der Straße zeigen, dass diese Politik von Schwarz-Gelb keine Mehrheit hat.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel malte gar gewaltsame Proteste an die Wand:. „Ich fürchte, dass es nicht nur friedliche Auseinandersetzungen geben wird.“ Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warnte die Regierung, den Widerstand in der Bevölkerung gegen längere Atomlaufzeiten zu unterschätzen.

Diese Mahnung allerdings kam bei Schwarz-Gelb nicht an: Die Demonstranten repräsentierten nicht die Mehrheit, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs. „Die Mehrheit der Bevölkerung hat im vergangenen Jahr Union und FDP gewählt, die unmissverständlich für eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken eingetreten sind.“ Auch andere Koalitionspolitiker gingen auf Konfrontation: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nannte den Protest von SPD und Grünen unglaubwürdig. „Untergehakt mit der Linkspartei, versuchen Gabriel, Trittin und Co. ihre massiven Versäumnisse vergessen zu machen“, sagte Gröhe. „Rot-Grün ist seinerzeit ohne taugliches Konzept in den Ausstieg aus der Kernkraft gerannt“. FDP-Generalsekretär Christian Lindner warf besonders SPD und Grünen vor, mit den Ängsten der Menschen zu spielen.

Das empörte die Atomgegner noch mehr: „Das ist genau die Arroganz von Parteipolitikern, die die Menschen zunehmend auf die Straße treibt“, meinte die Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“. Umfragen zeigten, dass selbst unter den Anhängern von Union und FDP Millionen den Atomkurs der Bundesregierung ablehnten. . „Frau Merkel sollte diese Proteste sehr ernst nehmen“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Wenn sie stattdessen die Interessen einiger weniger Großkonzerne bedient, wird sie politisch scheitern.“ mue

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