Protest gegen Berlins Regelung zu Beschneidung
Einmischung in uralte Traditionen, unzureichend, falsch - der Vorstoß des Landes Berlin, die religiös motivierte Beschneidung von muslimischen und jüdischen Jungen rechtlich abzusichern, stößt auf heftige Kritik.
Berlin - Das jüdische Gemeindeparlament äußerte sich am Donnerstag bestürzt über die künftige Praxis, Ärzten den Eingriff unter strengen Voraussetzungen zu erlauben.
Dies sei "eine flagrante Einmischung in die über 3000 Jahre alten Traditionen des Judentums", hieß es von der Gemeinde. Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) kündigte Gesprächsbereitschaft an.
In einer Antwort an Israels Präsidenten Schimon Peres sprach sich Bundespräsident Joachim Gauck für einen Schutz jüdischer Traditionen aus. Ihm liege viel daran, dass die Lebens- und Glaubenswelt der Juden in Deutschland geschützt werde, sagte Gaucks Sprecherin Ferdos Forudastan am Donnerstag. Sie bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung.
Der israelische Präsident Peres hatte Gauck gebeten, sich für das Recht auf Beschneidungen aus religiösen Gründen einzusetzen. "Die Brit Milah (Beschneidung) ist ein jüdisches Ritual, das seit Tausenden von Jahren zentral für die jüdische Identität ist und einen Juden ausmacht", schrieb Peres Ende August an Gauck.
Berlins Justizsenator Heilmann will sich in den kommenden Tagen mit den Mitgliedern der Repräsentantenversammlung der Gemeinde treffen. Er bedauere die Missverständnisse. Mit der nun in Berlin getroffenen Regelung solle bis zu einem Bundesgesetz Rechtssicherheit für Juden und Muslime geschaffen werden. Mehr sei mit den Mitteln des Landesrechts nicht möglich.
Heilmann hatte am Mittwoch erklärt, dass religiös motivierte Beschneidungen in Berlin straffrei bleiben. Eltern oder Sorgeberechtigte der jüdischen oder muslimischen Jungen müssten dem Eingriff schriftlich zustimmen. Beratung und medizinische Standards sind Pflicht, ebenso der Nachweis der religiösen Notwendigkeit etwa durch eine Bestätigung der Gemeinde. Die Beschneidung - eine Entfernung der Penis-Vorhaut - wird traditionell bei Juden von einem eigens ausgebildeten Fachmann, dem Mohel, ausgeführt.
Auslöser des Streits ist ein Urteil des Landgerichts Köln. Die Richter hatten die Entfernung der Vorhaut bei Neugeborenen und Kleinkindern als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gewertet. Das Urteil, das für andere Gerichte nicht bindend ist, hatte erhebliche Unruhe unter Juden und Muslimen ausgelöst. Die Bundesregierung will in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, nach dem medizinisch fachgerechte Beschneidungen von Jungen weiter zulässig sind.