Interview

Professor Moh'd Amro im Interview: "Fracking ist nicht umweltgefährdend"

Der Experte erklärt, wie pro Jahr 20 Milliarden Kubikmeter Gas produziert werden könnten. "Für das Fracking gibt es Richtlinien, und wenn man diese befolgt, sind Unfälle ausgeschlossen", sagt er.
von  Ralf Müller
Das Fracking-Verfahren wird zur Gewinnung von Erdgas und Erdöl sowie zur Erschließung der Tiefengeothermie eingesetzt. Wegen möglicher Auswirkungen auf die Umwelt ist das Verfahren umstritten. (Archivbild)
Das Fracking-Verfahren wird zur Gewinnung von Erdgas und Erdöl sowie zur Erschließung der Tiefengeothermie eingesetzt. Wegen möglicher Auswirkungen auf die Umwelt ist das Verfahren umstritten. (Archivbild) © Julian Stratenschulte/dpa

AZ-Interview mit Moh’d Amro: Amro wurde 2009 zum Professor für Geoströmungs-, Förder- und Speichertechnik an der TU Bergakademie Freiberg berufen und ist seit 2013 außerdem Direktor des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau. 

AZ: Herr Professor Amro, Fracking hat einen sehr schlechten Ruf nicht nur bei Umweltschützern, weil es als umweltgefährdend gilt. Sehen Sie das auch so?
MOH'D AMRO: Nein. Es gab Unfälle in den USA. Deswegen kam die Methode in Verruf. Aber es handelt sich um eine wissenschaftlich etablierte Methode, die ich auch hier an der Bergakademie Freiberg unterrichte. Wenn man diese Technologie richtig plant und einsetzt, dann ist es ausgeschlossen, dass diese Methode umweltgefährdend ist.

Amro: "Es geht also nicht nur darum, ob man fracken will, sondern auch wie"

Das sagte man zum Beispiel auch von der Kernenergie: Wenn man es richtig macht, besteht keine Gefahr. Dennoch gab es schon viele Unfälle...
Das ist richtig. Für das Fracking gibt es aber Richtlinien, und wenn man diese befolgt, sind Unfälle ausgeschlossen. Man muss bestimmte Informationen vorher einholen und dann entscheiden, ob man an der betreffenden Stelle fracken darf oder nicht und wie man vorzugehen hat. Es geht also nicht nur darum, ob man fracken will, sondern auch wie. Von jeder einzelnen Bohrung hängt zum Beispiel ab, welche Zusätze in Frage kommen.

AZ-Interview mit Moh'd Amro: Amro wurde 2009 zum Professor für Geoströmungs-, Förder- und Speichertechnik an der TU Bergakademie Freiberg berufen und ist seit 2013 außerdem Direktor des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau.
AZ-Interview mit Moh'd Amro: Amro wurde 2009 zum Professor für Geoströmungs-, Förder- und Speichertechnik an der TU Bergakademie Freiberg berufen und ist seit 2013 außerdem Direktor des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau. © privat

Wenn Sie das so sagen, scheinen ja Gesellschaft und Politik in Deutschland völlig falsch informiert zu sein. Wie erklären Sie sich das?
Das kommt von den Nachrichten aus den USA. Dort gab es bei diesem Verfahren Fehler, die hier bei uns gar nicht passiert wären, weil die Richtlinien ganz anders sind.

"Rein theoretisch würde das Schiefergas den deutschen Gasbedarf für 25 Jahre decken"

Wo gäbe es in Deutschland nennenswerte Schiefergas-Vorkommen?
Schiefergas ist auf mehrere Bundesländer verteilt. Hauptsächlich in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und auch in Bayern sind Vorkommen zu finden. Die Menge an nachgewiesenem Schiefergas in Deutschland beläuft sich auf 2,5 Billionen Kubikmeter.

Wo würde es sich am meisten lohnen?
Da würde ich Niedersachsen nennen, weil hier die Infrastruktur vorhanden ist - so etwa die Leitungen und die Aufbereitungsmöglichkeiten. Da muss man nicht mehr viel zusätzlich investieren.

Wie kann man die Menge von 2,5 Billionen Kubikmetern anschaulich machen?
In Deutschland werden pro Jahr 100 Milliarden Kubikmeter Gas verbraucht. Rein theoretisch würde das Schiefergas den deutschen Gasbedarf für 25 Jahre decken. So kann man das aber nicht rechnen. Wir werden nicht durch Fracking 100 Milliarden Kubikmeter pro Jahr produzieren können. Technisch möglich ist es, bis zu 20 Prozent dieser Menge zu produzieren, also 20 Milliarden Kubikmeter - wenn bestimmte Bedingungen vorhanden sind.

Amro warnt: "Wir verlieren viel Zeit, jeder Tag ist wertvoll"

Wie rasch wäre eine Gasförderung durch Fracking möglich, liegt die Erlaubnis erst vor?
Natürlich dauern die Genehmigungsverfahren zunächst. Technisch gesehen kann eine Bohrung innerhalb von zwei, drei Monaten abgeteuft werden. Bisher haben wir im Schiefergestein keine einzige Bohrung abgeteuft. Die ersten Bohrungen werden daher langsamer ablaufen, um Informationen zu gewinnen. Spätere Bohrungen können dann rascher in sechs Wochen abgeteuft werden. Aber wir müssen anfangen. Wir verlieren viel Zeit. Jeder Tag ist wertvoll.

Fracking könnte also in der gegenwärtigen Energiekrise relativ rasch helfen?
Es würde helfen. Aber es würde zwischen einem und fünf Jahren dauern, bis wir die erwähnte 20-Milliarden-Kubikmeter-Fördermenge pro Jahr erreicht haben. Wir haben zwar Erfahrungen beim Bohren nach Gaslagerstätten bis zu 5.000, 6.000 Metern Tiefe, aber beim Fracking geht es um andere Formationen, die wir anbohren müssen. Die Politik hat verhindert, dass wir dazu Erfahrungen machen konnten.

Können Sie bei Ihren Gesprächspartnern aus der Politik Ansätze für eine Öffnung für diese Idee beobachten oder stoßen Sie da auf Granit?
Ich habe mehrere Vorträge vor Politikern und Organisationen, die strikt gegen Fracking eingestellt waren, gehalten. Wenn die Leute zur Kenntnis nehmen, wie das läuft, dann ändern sie ihre Meinung. Leider gibt es für uns immer noch keine Lobby. Jeder weiß, dass wir Gas brauchen, aber es wird nicht eingesehen, dass es diese etablierte Methode gibt. 1961 fand die erste Frack-Operation statt. 2012 wurde die Methode verboten. Bis dahin waren 500 Fracks durchgeführt, allerdings nicht zum Schiefergas, sondern in Sandstein.

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