"Prism"-Enthüller Snowden fürchtet um sein Leben

Edward Snowden hat das Spähprogramm „Prism“ des US-Geheimdienstes NSA verraten. Jetzt sitzt er in Hongkong im Hotel und hofft auf Asyl.
von  mab
IT-Techniker Edward Snowden in einem Hotelzimmer in Hongkong. Dort hofft er auf Asyl
IT-Techniker Edward Snowden in einem Hotelzimmer in Hongkong. Dort hofft er auf Asyl

 

Edward Snowden hat das Spähprogramm „Prism“ des US-Geheimdienstes NSA verraten. Jetzt sitzt er in Hongkong im Hotel und hofft auf Asyl.

München - „Ich hätte von meinem Schreibtisch aus jeden anzapfen können. Sogar den amerikanischen Präsidenten.“ Der Mann, der das sagt, ist auf der Flucht. Edward Snowden (29) hat als „Whistleblower“ - also als Informant – den US- Geheimdienst NSA in Erklärungsnöte gebracht. Mit dem Überwachungsprogramm „Prism“ greife die NSA unter anderem Daten von Jedermann über Facebook, Google und Telefonanbieter ab, behauptet Snowden. Die Beweise dafür packte der IT-Techniker ein und floh nach Hongkong. Dort outete sich der 29-Jährige gegenüber der Zeitung „Guardian“. Jetzt hofft er auf politisches Asyl.

Warum legte sich Snowden mit einem der mächtigsten Geheimdienste der Welt an? Warum verließ er seine Frau, Familie und seinen 200.000-Dollar-Job und flüchtete? „Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles das, was ich tue und sage, aufgezeichnet wird“, antwortet Snowden. Die totale Überwachung. Nichts Geringeres wirft Snowden der NSA vor. Die Behörde speichere alle Daten, die sie kriegen könne. Nicht nur von Ausländern, auch die von amerikanischen Bürgern. Egal ob Facebook-Nachrichten, Email oder Handy-Daten. „Die NSA hat eine Infrastruktur aufgebaut, die ihr erlaubt, fast alles abzufangen.“ Dem Reporter des „Guardian“ sagt er: „Sie haben ja gar keine Ahnung, was möglich ist.“

Weil er das ausgeplaudert hat, wird Snowden von den US-Behörden gejagt. Der republikanische Politiker Peter King, Mitglied im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, rief zu einer „Strafverfolgung mit der vollen Härte des Gesetzes“ auf. Snowden deutet sogar an, dass sein Leben auf dem Spiel stehen könne: „Für mich gibt es keine Rettung mehr“, sagt er resigniert. Der 29–Jährige glaubt zumindest, dass er nie wieder mit seiner Familie oder Freunden Kontakt aufnehmen könne.

Klingt alles nach sehr viel Agenten-Film. Doch als Systemadministrator und IT-Techniker hatte Snowden angeblich Zugang zum gesamten NSA-Netzwerk. Die Beweise kann er auf den Tisch legen. Außerdem wirkt der 29-Jährige nicht wie ein Spinner. Er spricht präzise und genau und scheint sich vollkommen im Klaren darüber zu sein, mit wem er sich da anlegt. Damit er in seinem Hotelzimmer nicht mit versteckten Kameras ausgespäht werden kann, tippt er auf seinem Laptop nur unter einer Decke. Und wenn er das Zimmer verlässt, stellt er eine Flasche mit Soja-Sauce hinter die Tür - damit unerwünschte Besucher Spuren hinterlassen.

Die Geheimdienste würden „außerhalb des demokratischen Modells“ arbeiten, sagt Snowden. Das müsse die Öffentlichkeit jetzt erfahren. Und was ist jetzt seine größte Sorge? „Dass sich nichts verändert.“

Was der Geheimdienst NSA an Daten abgreift

Die Existenz von „Prism“ ist ein Fakt. Nachdem Edward Snowden das Spähprogramm verriet, sagte US-Geheimdienstkoordinator James Clapper, es handle sich lediglich um ein internes Computersystem der Behörde. Snowden behauptet aber, „Prism“ könne Daten von Facebook und Google-Nutzern abzapfen und habe „direkten Zugriff auf die Server“.
Die Firmenchefs dementierten.

Sind Snowdens Enthüllungen richtig, haben sie nicht gelogen. Aber die Wahrheit sagten sie auch nicht – vielleicht weil es verboten ist. Denn laut „Washington Post“ können Facebook und Google die Suchanfragen der Geheimdienste nicht einsehen. Die NSA lauscht überall, auch in Deutschland. Von keinem Land in Europa aus würden mehr Daten abgesaugt, schreibt der „Guardian“.

 

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