Preisbremsen: "Ging das wirklich nicht anders?"

Die Wirtschaft begrüßt die Preisbremsen für Strom und Gas. Und ärgert sich dennoch.
von  Ralf Müller
Die Wirtschaft begrüßt Strom- und Gaspreisbremsen nicht immer.
Die Wirtschaft begrüßt Strom- und Gaspreisbremsen nicht immer. © dpa

München - Grundsätzlich begrüßen Energie- und Wirtschaftsexperten die von der Bundesregierung eingeführten Strom- und Gaspreisbremsen, aber so richtig zufrieden damit zeigte sich auf einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bayerischen Landtags gestern keiner von ihnen mit der Realisierung. Selbst Philipp Steinberg, Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, musste einräumen, dass die Umsetzung der Bremsen "keine Veranstaltung zur Bürokratievereinfachung" sei.

Die Ursache für das "bürokratische Ärgernis" verortete der Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) überwiegend in Brüssel. Es habe ohnehin massiver Interventionen bei der EU-Kommission bedurft, um das System überhaupt umsetzen zu können. Vertreter der Wirtschaft begrüßten die Zielrichtung der staatlichen Preisbremsen.

Komplizierte Rahmenbedingungen

Die Rahmenbedingungen seien jedoch so kompliziert, dass viele Unternehmen auf die Inanspruchnahme der Unterstützung verzichteten und sich stattdessen auf Standortsuche außerhalb Deutschlands begäben, sagte Norbert Ammann, Referatsleiter bei der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern: "Ging das wirklich nicht anders?"

Besonders Betriebe mittlerer Größenordnung machten von den Preisbremsen keinen Gebrauch, berichtete Christine Völzow von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). So lasse sich zum Beispiel nicht sicher feststellen, wann ein Unternehmen überhaupt "energieintensiv" und damit anspruchsberechtigt im Sinne der Vorschriften sei. Betriebe müssten Rückstellungen für den Fall bilden, dass die Beihilfen wieder zurückgefordert werden.

Hohe Strompreise behindern internationalen Wettbewerb

Ein düsteres Bild zeichnete Christian Loose, Experte für Strommarkt- und Energiepolitik der Gesellschaft für "Fortschritt in Freiheit". Auch wenn die negativen Folgen des Ukraine-Krieges für die Energiepreise komplett herausgerechnet würden, wären insbesondere die Strompreise in Deutschland immer noch so hoch, dass die Unternehmen international nicht wettbewerbsfähig sein könnten, so Loose.

Unglücklich mit dem Strom- und Gaspreisbremsen sind nach den Worten von Marco Krasser, Geschäftsführer der Stadtwerke Wunsiedel, die Energieversorger. Für die sei das Stützungsprogramm "ein Bürokratiemonster", so Krasser. "Heerscharen" von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten müssten beschäftigt werden, deren Kosten von den Kunden zu tragen seien.

Aus der Sicht der Verbraucher begrüßte Heidemarie Krause-Böhm, Leiterin Referat Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit bei der Verbraucherzentrale Bayern, die Preisbremsen. Man hätte sich allerdings eine zielgerichtete soziale Komponente gewünscht.

Immerhin eine etwas positive Perspektive eröffnete Serafin von Roon, Geschäftsführer der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE). Nach seiner Darstellung sinken die Preise an den Terminbörsen so deutlich, dass ein preisbremsender staatlicher Mechanismus im kommenden Jahr wahrscheinlich nicht mehr nötig sein werde. Isabella Weber vom Department of Economics der University of Massachusetts war anderer Ansicht. Sie plädierte "stark" dafür, die Bremsen beizubehalten.

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