Posse um Altersbestimmung bei jungen Flüchtlingen

Worum geht es bei der Diskussion über Altersprüfungen bei jungen Flüchtlingen? Nach dem brutalen Mord an der 15-jährigen Mia im pfälzischen Kandel ist die Debatte über Altersprüfungen bei jungen Flüchtlingen neu aufgeflammt.
Dringend tatverdächtig ist der Ex-Freund des Mädchens, ein Afghane, der bei seiner Einreise nach Deutschland keine Ausweispapiere dabei und als Geburtsdatum den 1. Januar 2002 angegeben hatte. Demnach wäre er bei der Tat 15 Jahre alt gewesen. Der Vater des erstochenen Mädchens und Fachleute hatten massive Zweifel am Alter des Afghanen.
Was sagen die Behörden? Laut des Landratsamtes Germersheim heißt es, es werde „von allen Beteiligten ausgeschlossen“, dass der mutmaßliche Täter bereits volljährig sei. Eine Altersfeststellung soll Klarheit bringen.
Wie sehen solche Tests aus und wie genau sind sie? Zur Altersfeststellung werden etwa Röntgenuntersuchungen der Hand, des Gebisses und die Computertomografie des Schlüsselbeines eingesetzt. Eine exakte Altersbestimmung ist unmöglich, die Ausprägung der Wachstumsmerkmale oder der körperlichen Entwicklung unterscheidet sich. Rechtsmediziner behaupten aber, dass sie zu 95 Prozent richtig liegen.
Was fordert die Politik? Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) spricht sich für Alterstests bei denjenigen Flüchtlingen aus, die ihr Alter nicht eindeutig mit Dokumenten nachweisen können. Die CSU will bei allen angeblich minderjährigen Flüchtlingen das Alter feststellen lassen. Die SPD weist solche Forderungen zurück. Das Thema könnte bei den am Sonntag beginnenden Sondierungsgesprächen über eine Große Koalition zu heftigem Streit zwischen Union und SPD führen.
Welche Rolle spielt das Alter von Asylsuchenden in der Flüchtlingspolitik? Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind faktisch vor einer Abschiebung geschützt, werden nicht in Sammelunterkünften untergebracht und haben ein Recht auf Schulbesuch.
Wie ist die bisherige Rechtslage in Deutschland? Alterstests für Flüchtlinge sind in Deutschland nicht verpflichtend vorgeschrieben. Im Sozialgesetzbuch heißt es, dass die Minderjährigkeit von den zuständigen Jugendämtern durch Kontrolle der Ausweispapiere vorzunehmen ist, hilfsweise durch „Inaugenscheinnahme“. In der Praxis kann ein Großteil der Flüchtlinge aber keinen Pass vorlegen. In Zweifelsfällen hat das Jugendamt eine Alteruntersuchung zu veranlassen.
Wie stehen Ärzteverbände zu den Untersuchungen? Die Bundesärztekammer positioniert sich klar gegen generelle Alterstests. Die dafür nötigen Röntgenuntersuchungen seien ein „Eingriff in die körperliche Unversehrtheit“ und nur zu rechtfertigen, wenn sie strafrechtlich oder medizinisch geboten seien. Auch der Verband der Kinder- und Jugendärzte lehnt eine obligatorische Altersfeststellungen ab.
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