Polizist im Fall Brown bleibt straffrei: Unruhen in Ferguson

Obama ruft zur Ruhe auf, aber viele machen nach der Entscheidung der Großen Anklagekammer ihrer Wut mit Sachbeschädigungen Luft. Der Polizeichef gibt sich machtlos: Er bräuchte 10 000 Beamte, um Ruhe und Ordnung herzustellen.
dpa/az |
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Flammen in Ferguson.
dpa Flammen in Ferguson.

Obama ruft zur Ruhe auf, aber viele machen nach der Entscheidung der Großen Anklagekammer ihrer Wut mit Sachbeschädigungen Luft. Der Polizeichef gibt sich machtlos: Er bräuchte 10 000 Beamte, um Ruhe und Ordnung herzustellen

Ferguson - Wut, Gewalt, Schüsse: US-Geschworene haben sich gegen eine Anklage im Fall Michael Brown in Ferguson entschieden und damit einen Proteststurm ausgelöst. Überall in den USA wurde in der Nacht zu Dienstag dagegen demonstriert, dass der weiße Polizist Darren Wilson nach seinen tödlichen Schüssen auf den unbewaffneten Afroamerikaner Brown nicht angeklagt wird. Am Ort des Geschehens in Ferguson schlug der Protest in Gewalt um. 29 Personen wurden festgenommen.

Die Entscheidung der Grand Jury - das ist eine Große Anklagekammer, die in kontroversen Fällen die Beweise für eine Anklageerhebung prüft - wurde von Staatsanwalt Bob McCulloch verlesen. McCulloch verwies darauf, dass die Geschworenen "die Einzigen sind, die jeden Zeugen gehört und jedes Beweisstück gesehen haben". Viele Zeugen hätten widersprüchliche Aussagen gemacht, die mit den physischen Beweisen nicht zusammengepasst hätten.

Browns Mutter Lesley McSpadden brach in Tränen aus, als sie auf dem Dach eines Fahrzeugs die Übertragung der Jury-Entscheidung hörte. Die Familie erklärte, sie sei "zutiefst enttäuscht", bat die Öffentlichkeit aber, "die Frustration in Bahnen zu lenken, die einen positiven Wechsel bringen. Wir müssen zusammenarbeiten, um ein System zu reparieren, dass dies zugelassen hat."

Obama sagte, trotz aller Empörung einiger Amerikaner müsse der Beschluss der Geschworenen akzeptiert werden. "Wir sind eine auf Rechtsstaatlichkeit gegründete Nation, deshalb müssen wir die Entscheidung der Grand Jury akzeptieren", sagte er noch vor deren Verkündung im Weißen Haus.

Nach der Verkündung strömten Demonstranten in die Straßen von Ferguson, einige riefen "Mörder", andere warfen nach Angaben der Polizei Steine und Flaschen und schlugen Scheiben von Streifenwagen ein. Gebäude und Polizeiautos wurden in Brand gesteckt, die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge zu zerstreuen. Bis zum Abend waren demnach die meisten Demonstranten nach Hause gegangen, Plünderungen und Schüsse wurden aber noch weit nach Mitternacht gemeldet. Am Dienstagmorgen stieg noch immer Rauch aus einigen in der Nacht in Brand gesteckten Geschäften, etliche Bürgersteige waren von Scherben übersät.

Der Fall Brown hat in den ganzen USA die Debatte neu entflammt, wie die Polizei mit Schwarzen umgeht. Rassenspannungen dauern in Ferguson und vielen Teilen der USA noch fast ein halbes Jahrhundert nach der Bürgerrechtsbewegung an. Nach Browns Erschießung gab es in Ferguson wochenlang Proteste, die meisten friedlich, einige aber auch mit großer Gewalt.

Der Polizeichef des Kreises St. Louis, John Belmar, sagte, die Unruhen am Montagabend seien "wahrscheinlich viel schlimmer als die schlimmste Nacht gewesen, die wir im August erlebt haben". Zahlreiche Gebäude stünden in Flammen, er selbst habe etwa 150 Schüsse gehört. Die Polizei habe aber nicht geschossen. Der Zusammenhalt der Gemeinde sei zerstört. Solange er nicht 10 000 Polizisten zur Verfügung habe, denke er nicht, jene Leute aufhalten zukönnen, "die wirklich darauf aus sind, eine Gemeinschaft zu zerstören."

Die Polizei meldete 29 Festnahmen. Wegen der bei den Unruhen in die Luft abgefeuerten Schüsse beschränkte die US-Luftfahrtbehörde FDA den Flugverkehr über Ferguson. Mindestens zehn Passagierflüge nach St. Louis wurden umgeleitet. Der Gouverneur von Missouri, Jay Nixon, hatte vorsorglich den Ausnahmezustand verhängt und die Nationalgarde zur Verstärkung nach Ferguson geschickt.

Seit dem 20. August prüfte die Jury aus neun Weißen und drei Afroamerikanern wöchentlich in der Stadt Clayton eine Anklageerhebung gegen Wilson. Während der Beratungen hörten die Geschworenen 60 Zeugen an.

Wilson brachte den Jugendlichen vor den tödlichen Schüssen offenbar mit einem Raubüberfall in Verbindung. Berichten zufolge gab der Beamte an, er habe um sein Leben gefürchtet, als der 1,90 große und 136 Kilogramm schwere Brown auf ihn zugekommen sei. Zeugen sagten dagegen, der Teenager habe sich ergeben wollen und die Hände in die Höhe gehalten.

Überall in den USA gingen Demonstranten gegen die Entscheidung auf die Straße. In der Nähe von San Francisco wurde eine Autobahn blockiert. In Chicago, Los Angeles, New York, Seattle und anderen Städten blieben die Proteste weitgehend friedlich.

Obama sagte, er prüfe nun erneut, Ferguson zu besuchen. Er war seit August mehrfach dazu aufgefordert worden. Er rief zu einer friedlichen Auseinandersetzung auf: "Das wird nicht gelöst, indem man Flaschen wirft und Autofenster einschlägt. Das wird nicht gelöst, indem man es zum Vorwand nimmt, Eigentum zu beschädigen. Und es wird bestimmt nicht gelöst, indem man jemanden verletzt."

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