Politologe Aladin El-Mafaalani im AZ-Interview über Integration

Der Politologe Aladin El-Mafaalani sieht Konflikte als ein Zeichen für gelungene Integration. Im AZ-Interview spricht er über sein neues Buch. 
Interview: Bettina Funk |
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Seit 2013 Professor für Politikwissenschaft und politische Soziologie an der Fachhochschule Münster: Aladin El-Mafaalani.
privat Seit 2013 Professor für Politikwissenschaft und politische Soziologie an der Fachhochschule Münster: Aladin El-Mafaalani.

München - Im August ist Aladin El-Mafaalanis Buch "Das Integrationsparadox – Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt" erschienen. Am Mittwoch diskutiert der Politikwissenschaftler die Thesen seines Buches mit Prof. Dr. Armin Nassehi vom Lehrstuhl für Soziologie an der LMU im Bildungszentrum Einstein 28. Die AZ hat mit ihm vorab über sein Buch gesprochen.

Herr El-Mafaalani, es wird oft gesagt, dass das Konzept Integration gescheitert ist. Sie aber sagen, dass Deutschland auf einem guten Weg ist.
Aladin El-Mafaalani: Ich beschreibe in meinem Buch, wie sich die gesamte Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Ich zeige auf, dass sich die allgemeine Situation und die Möglichkeiten verbessert haben. Es ist alles besser geworden. Es ist leichter, sich politisch zu engagieren, die Wohnverhältnisse sind besser geworden. Es nimmt fast niemand wahr, dass es ein Mehr an Teilhabe gibt. Das macht die Gesellschaft aber auch spannungsreicher.

Wieso erzeugt gerade gelungenes gesellschaftliches Zusammenwachsen Kontroversen?
Diese These ist uralt. Ich übertrage sie aber auf die jetzige Situation. Es geht darum, dass Menschen und Gruppen erst streiten, wenn sie eine Gemeinsamkeit entwickeln. Man könnte bei der derzeitigen Integrationsdiskussion eine Parallele ziehen zur Integration von Frauen. Jeden Tag steht in allen möglichen Zeitschriften, dass das Mehr an Teilhabe zu Verunsicherung führt, aber trotzdem will man die Entwicklung nicht wieder zurückdrehen. Wenn man teilt – das steckt in Teilhabe ja drin –, ist das anstrengend. Wir sind dabei, dass wir zunehmend mit immer mehr Menschen teilen. Das führt zu Konflikten.

Demnach sind Streit und gegensätzliche Meinungen etwas Positives. Warum sind dann gerade jetzt Rechtspopulisten so erfolgreich?
Rechtspopulismus gibt es überall. Das ist eine total plausible Gegenbewegung gegen die aktuelle Situation und gegen die offene Gesellschaft. Das bezieht sich auf alle westeuropäischen Länder, aber zum Beispiel auch Australien oder Kanada. Der Rechtspopulismus ist da hochplausibel. Er ist ein Schließungsmechanismus gegen eine zunehmende Öffnung der Gesellschaft.

Erledigt sich das dann von selbst, wenn sich die Gesellschaft nicht weiter öffnen kann?
Sowas erledigt sich nie von selbst. Die Gegenbewegung wächst derzeit, weil keiner sie so richtig versteht. Wir scheitern an unseren Erfolgen. Nicht mit Harmonie und Ruhe, sondern mit einem gesteigerten Potenzial für Konflikte muss man derzeit rechnen. Eine geschlossene Gesellschaft ist bequemer. Wenn Sie auf einer Veranstaltung mit geschlossener Gesellschaft eingeladen sind, finden Sie das auch bequemer. Eine offene Gesellschaft ist stressreicher. Wenn man das erstmal versteht, kann man sich aufmachen, über Problemlösungen nachzudenken.

Sie sagen in Ihrem Buch, dass die Gesellschaft vor ganz anderen Herausforderungen steht, als gedacht. Was sind das für Herausforderungen?
Wir müssen versuchen, die Offenheit zu halten. Die allermeisten Menschen wollen die Offenheit und würden es nicht aushalten, im Deutschland der 60er Jahre zu leben. Man muss sich dafür einsetzen. Aber man muss verstehen, dass sich damit auch Konflikte bilden.

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