Politisch Untote
Die SPD untertreibt. Christian Linder ist kein „Bauernopfer“. Auf dem politischen Schachbrett von Berlin ist der FDP-Generalsekretär viel wichtiger als eine Randfigur, die man strategisch vom Feld gehen lässt. Tatsächlich könnte Linders Zug der Anfang von Schachmatt für Schwarz-Gelb sein. Führungskrise, Misstrauensvotum, Lebensgefahr: Das Vokabular, mit dem Liberale selbst den Zustand ihrer Partei beschreiben, lässt an Klarheit nichts vermissen.
Alle Wiederbelebungsversuche aus dem Koma, in das Westerwelle die Partei nach dem 14-Prozent-Rausch der Wahl von 2009 geführt hat, sind gescheitert. Die Boygroup hat keine Inhalte gefunden, die das Steuersenkungsdogma vergessen ließen; kein Thema, das die traditionsreiche Partei wieder interessant oder relevant gemacht hätte. Auch aus Lindners Rücktrittserklärung lässt sich viel herauslesen, eines aber ganz sicher: Der Partei fehlt „neue Dynamik“, sie ist also festgefahren.
Und er, das politische Supertalent, konnte sie in zwei Jahren nicht entfesseln. Hier ist jemand mit seinem Latein am Ende, und der Rest soll seinen Dreck doch alleine machen. Hier wird die Posse zum Problem. Weil weit und breit niemand in Sicht ist, der dem organisierten Liberalismus in Deutschland ein Profil verschaffen könnte, muss Bundeskanzlerin Angela Merkel mit politisch Untoten regieren. Außenpolitik, Wirtschaft, Justiz oder Gesundheit sind aber viel zu wichtig, um sie Zombies ohne Kompass zu überlassen.