Platzeck siegt in Brandenburg, Watschn für Koalition im Norden

Neben der Bundestagswahl standen am Sonntag noch zwei Landtagswahlen an. In Brandenburg kann die SPD ihre Führungsrolle behaupten - vielleicht holt sie jetzt die Linke ins Regierungsboot. Die Wähler in Schleswig-Holstein haben dagegen den beiden Volksparteien eine deftige Watschn verpasst.
von  Abendzeitung

POTSDAM, KIEL - Neben der Bundestagswahl standen am Sonntag noch zwei Landtagswahlen an. In Brandenburg kann die SPD ihre Führungsrolle behaupten - vielleicht holt sie jetzt die Linke ins Regierungsboot. Die Wähler in Schleswig-Holstein haben dagegen den beiden Volksparteien eine deftige Watschn verpasst.

SPD gewinnt Brandenburg-Wahl – FDP und Grüne im Landtag

Bei der Landtagswahl parallel zur Abstimmung im Bund haben die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Matthias Platzeck ihre Führungsrolle behauptet, sind aber weiter auf einen Koalitionspartner angewiesen. Nach den Hochrechnungen von RBB und ZDF bleibt die Linke zweitstärkste Partei. Die bisher mit der SPD regierende CDU ist trotz eines leichten Stimmenzuwachses weit abgeschlagen. Platzeck kann nun sein Bündnis mit den in Brandenburg seit Jahren schwächelnden Christdemokraten fortsetzen oder sich die weit stärkeren und damit selbstbewussteren Linken ins Regierungsboot holen.

Die Sozialdemokraten verlieren nach den Hochrechnungen von RBB und ZDF etwas und kommen auf 30,8 bis 31,3 Prozent (2004: 31,9). Die Linke erreicht 27,8 bis 29,2 Prozent (Vorgängerpartei PDS: 28,0). Die bisher mit der SPD regierende CDU kann mit 20,6 bis 20,9 Prozent (19,4) einen leichten Stimmenzuwachs verbuchen.

Die FDP legt sensationell zu, kommt auf 7,5 Prozent (3,3) und zieht nach 15 Jahren wieder in den Landtag ein. Ebenso die Grünen, die auf 5,3 bis 5,4 Prozent kommen (3,6). Dagegen verfehlt die rechtsextreme DVU den erneuten Sprung in den Landtag, dem sie zehn Jahre lang angehörte.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zeigte sich mit dem Abschneiden seiner Partei zufrieden. Trotz „fehlenden Rückenwindes aus Berlin und von der Bundespartei“ hätten die Bürger im Land zum fünften Mal in Folge die Sozialdemokraten zur stärksten Partei gewählt.

Platzeck kann nun entweder die seit zehn Jahren bestehende Koalition mit den Christdemokraten fortsetzen oder sich erstmals die Linke ins Regierungsboot holen. Nachdem er vor der Wahl Sympathien für die Fortsetzung des Bündnisses mit der CDU hatte erkennen lassen, wollte er sich am Wahlabend nicht festlegen. SPD-Generalsekretär Klaus Ness sagte: „Ich kann mir gut vorstellen, dass wir morgen beschließen, dass wir sowohl Linke als auch CDU zu Sondierungsgesprächen einladen.“

Große Koalition in Schleswig-Holstein brutal abgestraft

Nach jahrelangem Streit und dem vorzeitigen Ende der großen Koalition in Schleswig-Holstein erlitten die beiden Volksparteien im Norden herbe Verluste. Einer ARD-Hochrechnung zufolge stürzten sie bei der vorgezogenen Landtagswahl am Sonntag um jeweils etwa zehn Punkte ab. Allerdings könnte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen mit Hilfe der FDP an der Macht bleiben und hätte damit sein Ziel erreicht, als er die Koalition mit der SPD vor etwa zwei Monaten aufkündigte.

Der Hochrechnung zufolge stürzte die CDU von 40,2 auf 31,0 Prozent ab und die Sozialdemokraten sogar von 38,7 auf den historischen Tiefststand von 25,5 Prozent. Die kleinen Parteien konnten von der Schwäche der früheren Regierungspartner und deren Dauerstreit profitieren: Die FDP konnte ihren Anteil mit 15,5 Prozent mehr als verdoppeln. Auch die Grünen erreichten deutliche Gewinne und kamen auf 12,0 Prozent nach 6,2 Prozent vor vier Jahren. Die Linkspartei schaffte mit 6,5 Prozent den Sprung ins Parlament, während dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) als Minderheitenpartei der Einzug auch mit den prognostizierten 4,0 Prozent sicher ist.

Carstensen geht nach eigenen Worten von einem schwarz-gelben Regierungsbündnis aus. „Es ist knapp, aber es sieht so aus, wir haben unser Wahlziel erreicht“, sagte er. „Wir gehen davon aus, dass wir zusammen mit der FDP das Land regieren können. Das ist gut für uns und gut für unser Land.“

Der SPD-Spitzenkandidat Ralf Stegner gestand die Niederlage ein. „Das muss man ohne wenn und aber sagen“, sagte der Landeschef. Man sei von der CDU zum Wahlkampf gezwungen worden. „Wir waren nicht darauf vorbereitet.“ Dennoch sei es noch nicht ausgemacht, ob es für Schwarz-Gelb reiche.

Carstensen und Stegner sind erbitterte Gegner. Der Ministerpräsident hatte eine Neuauflage der Großen Koalition mit Stegner kategorisch ausgeschlossen.

Dagegen scheint eine Reise nach Jamaika möglich. Nach ihrem schlechten Abschneiden brachte die CDU umgehend eine Jamaika-Koalition ins Gespräch. Agrarminister Christian von Boetticher sagte, man habe sich mehr erhofft, gehe aber davon aus, weiter zu regieren. „Sollte es mit der FDP nicht reichen, gibt es noch die Grünen und den SSW.“

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.