Plagiats-Vorwürfe gegen Mollath-Gutachter
Hat der Bayreuther Chefarzt und Mollath-Gutachter bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben? Ein Plagiatsjäger hat ihn angezeigt.
Nürnberg - Hat Klaus Leipziger, Chefarzt der Forensischen Psychiatrie im Bezirkskrankenhaus Bayreuth und zentraler Gutachter im Fall Mollath, bei der Erstellung seiner Dissertation abgeschrieben? Wie Martin Heidingsfelder, Deutschlands bekanntester Plagiatjäger, mitteilte, hat jetzt bei der Universität Ulm eine entsprechende Anzeige gegen Leipziger erstattet. Nach Angaben Heidingsfelders seien er und seine Mitarbeiter bereits bei „einer ersten kurzen Lektüre“ der Doktorarbeit auf ein „eindeutiges Plagiat“ gestoßen.
Eine genauere Durchsicht der Arbeit habe dann weitere Plagiate zu Tage gefördert, die auf seiner Internetseite unter dem Link Zur Seite dokumentiert seien. „Aufgrund unserer Erfahrung“, schreibt Heidingsfelder in einer Erklärung, „gehen wir davon aus, dass diese Arbeit noch etliche weitere Fälle derart unredlicher wissenschaftlicher Arbeitsweise enthält.“ Die eigentliche Untersuchung sei allerdings Aufgabe der titelverleihenden Universität. Leipzigers Arbeit mit dem Titel „Forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Beschreibung und Untersuchung der Rahmenbedingungen, Konzepte und Behandlungsergebnisse bei nach § 63 Strafgesetzbuch im Maßregelvollzug untergebrachten Patienten im Bezirkskrankenhaus Bayreuth und besonderer Berücksichtigung der Gruppe Sexualstraftäter“ verhalf dem Chefarzt der Forensik 1999 zu seinem Doktortitel.
Dr. Klaus Leipziger spielt im Fall Gustl Mollath, der seit sieben Jahren zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht ist, als Gutachter eine zentrale Rolle. Erst vor wenigen Wochen hatte der Chef der Forsensik seine Einschätzung, dass Mollath eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle und nicht entlassen werden könne, in einem neuen Gutachten wiederholt. Inzwischen wurde gerichtlich angeordnet, ein neues Gutachten von einem externen Psychiater anfertigen zu lassen. Leipziger ist heftigen Anfeindungen von Mollath-Unterstützern ausgesetzt und wurde seinen Worten zufolge bereits massiv bedroht.
„Der Prüfung seiner Arbeit durch die Universität Ulm sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen“, sagte Leipziger. Seiner Dissertation lägen umfangreiche empirische Forschungen zugrunde, die er selbst gemacht habe. Heidingsfelder, der auf der Liste der Piratenpartei für die Landtags- und Bundestagswahl im Herbst kandidiert, ist eigenen Angaben zufolge seit Ende 2011 als Plagiatsucher unternehmerisch tätig und durchsucht mit seinen Mitarbeitern knapp 20 Dissertationen pro Monat auf Plagiate.
Bundesweit bekannt wurde er durch seine Gründung von „VroniPlag Wiki“, benannt nach der Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. In den 80er Jahren war er Spieler und Trainer bei den „Ansbach Grizzlies“ und den „Noris Rams“ (American Football).
Im Fall Mollath tauchte der Name Leipziger immer wieder auf: Er ist eine der Schlüsselfiguren. Leipziger war es, der 2005 in seinem Erstgutachten Mollath eine paranoide Wahnvorstellung attestierte und damit den Grundboden für Mollaths Einweisung in die Psychiatrie legte. Andere Gutachter widersprachen dem Psychiater In Teilen seiner Einschätzung, Leipziger selbst bestätigte später sein damals gefälltes Urteil. In einem Interview mit dem Nordbayerischen Kurier sagte er: "Hier muss ich unterstreichen, dass kein ernstzunehmender forenische Psychiater, dem zur Erstattung des Gutachten alle gerichtlichen Unterlagen vorlagen, inhaltlich das von mir erstellte Gutachten in Zweifel gezogen hat."
Erst vor gut einem Monat sicherte Rudolf Burger, Direktor der Bezirksverwaltung Oberfranken, ihm das uneingeschränkte Vertrauen zu. In einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung attestierte er dem Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie "eine sachlich fundierte Arbeit". Mollath befindet sich seit MItte 2009 im Bezirkskrankenhaus Bayreuth.
Mitte Juli veröffentliche das Krankenhaus einen offenen Brief, in dem sich die Mitarbeiter gegen Bedrohungen und Beschimpfungen wegen der Mollath-Unterbringung wehren. Auch Leipziger selbst wurde bereits bedroht: Ein anonymer Anrufer beschimpfte ihn und drohte mit Körperverletzung.