«Piratenschiffe gegebenenfalls versenken»

Bernhard Gertz ist dagegen, dass Bundeswehrsoldaten die Seeräuber auf dem somalischen Festland bekämpfen. Ihm schwebt vielmehr vor, «die Waffenwirkung unserer Schiffe» auch effektiv einzusetzen.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, hat sich gegen eine Beteiligung der Bundeswehr an der Bekämpfung von Piraten auch auf dem somalischen Festland ausgesprochen. Gertz sagte der Nachrichtenagentur AP, ohne die Ursachen der Piraterie in Somalia zu beseitigen, sei die Zerstörung von Seeräubernestern nur ein Herumdoktern an Symptomen. Die Beteiligung der Marine an der EU-Mission Atalanta vor der somalischen Küste sei hingegen im «ureigensten Interesse» der Exportnation Deutschland.
Der UN-Sicherheitsrat hatte am Dienstag das Mandat für den Einsatz gegen die Seeräuber im Golf von Aden erweitert. Künftig ist es den Streitkräften anderer Länder erlaubt, mit Genehmigung der somalischen Regierung auch an Land gegen die Piraten vorzugehen. Gertz sagte dazu der AP: «Ich bin sehr im Zweifel, wie sinnvoll das ist.» Mit dem Zerstören von Piratennestern bekämpfe man nur Symptome, aber keine Ursachen. Stattdessen müsse die internationale Gemeinschaft Somalia dabei helfen, wieder staatliche Strukturen aufzubauen. Er sei gegen «sektorale Showprojekte», mit denen man Aktivität vortäusche, die Ursachen aber in Wirklichkeit nicht beseitige. «Daran würde ich deutsche Soldaten nur ungern beteiligen.»
«Von der klassischen Rolle abstrahieren»
Der scheidende Vorsitzende des Bundeswehrverbandes zeigte sich zufrieden, dass die Marine für die Beteiligung an der Mission Atalanta mit einem robusten Mandat ausgestattet ist. Er halte es für «unabdingbar», dass die Soldaten gegebenenfalls auch Schiffe versenken dürfen. «Wenn man Piraten daran hindern will, nach einem abgebrochenen Unternehmen gegen ein Handelsschiff zwei Stunden später das nächste zu entern, dann muss man auch ihre Fahrzeuge im Ergebnis aus dem Verkehr ziehen.» Die Gefahr, dass Soldaten bei dem Einsatz zu Hilfspolizisten würden, sieht Gertz nicht. Die Polizei verfüge nicht «über die Waffensysteme und über die Fähigkeiten», Piraten wirksam zu bekämpfen. Deshalb müsse man «auch mal ein bisschen von der klassischen Rolle der Polizei und der Streitkräfte im Inland abstrahieren». Gertz bedauerte, dass die Frage der Strafverfolgung nach wie vor ungelöst sei. Es bedürfe einer gemeinsamen Regelung der EU oder der UN. Er sprach sich dafür aus, dem Internationalen Strafgerichtshof, der bislang für die Verfolgung von Kriegsverbrechen zuständig ist, als zusätzliche Aufgabe die Aburteilung von Piraten zuzuweisen.
«1400 Soldaten sind nicht zuviel»
Gertz schätzt die Piratenjagd als gefährlich ein. «Allerdings glaube ich, dass die Waffenwirkung unserer Schiffe ausreichen wird, solche Risiken zu beherrschen.» Die Mandatsobergrenze von 1400 Soldaten hält er nicht für zu hoch gegriffen. Wenn man etwa Handelsschiffe mit einer Eskorte versehe oder auch Soldaten an Bord anderer Schiffe bringe, um von dort aus das Feuer gegen Piraten eröffnen zu können, «dann multipliziert sich die Personalstärke relativ schnell». Die Entsendung einer weiteren Fregatte neben der «Karlsruhe» kann sich Gertz allerdings nicht vorstellen. Das würde die Kapazitäten der deutschen Marine zu stark belasten. Gertz erinnerte daran, dass auch noch eine Fregatte im Rahmen von «Enduring Freedom» am Horn von Afrika sowie eine Fregatte im Mittelmeer unterwegs ist.
Der Bundestag entscheidet am Freitag über die Beteiligung der Marine an der Mission Atalanta. Das Mandat zum Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms und der zivilen Seefahrt am Horn von Afrika ist auf ein Jahr befristet. Die Zahl der Überfälle und Entführungen vor den somalischen Küsten hat in diesem Jahr stark zugenommen. Mehr als zweihundert Schiffe wurden bereits angegriffen und rund 40 gekapert.
Peking gegen die Piraterie
China hat die Entsendung von Marineschiffen im Kampf gegen die Piraten vor Somalia angekündigt. Seine Regierung heiße eine engere internationale Zusammenarbeit gegen die Piraterie willkommen und habe sich deshalb entschlossen, ihren Teil beizutragen, erklärte Außenministeriumssprecher Liu Jianchao am Donnerstag in Peking. Die Vorbereitungen dafür hätten bereits begonnen, sagte Liu. Es ist der erste derartige Einsatz der chinesischen Marine, die sich bislang vor allem auf den Schutz ihrer Küsten konzentrierte. Eine von der Kommunistischen Partei veröffentlichte Zeitung meldete, der chinesische Beitrag könnte sich auf zwei Kreuzer und ein Versorgungsschiff belaufen. (AP)