Piratenpartei debattiert über Kurs der Zukunft
Berlin - "Wir tragen eine riesige Verantwortung, weil wir wissen, dass sich die Gesellschaft grundlegend verändern wird", rief Weisband den Teilnehmern des Parteitags in Neumünster bei Hamburg zu. "Wir waren jung, und wir waren klein, aber wir haben schon Geschichte geschrieben", sagte Weisband, die aus persönlichen Gründen auf eine neuerliche Kandidatur verzichtet hat. "Jetzt werden wir ernst genommen, und es wird gegen uns geschossen", sagte sie mit Blick auf die jüngste Debatte über Äußerungen innerhalb der Partei, die Zweifel an der Abgrenzung zu Rechtsextremisten weckten.
Sie kämpfe für die Überzeugung, "dass alle Menschen wertvoll sind, unabhängig von ihrem Glauben, Herkunft oder sozialem Status", sagte Weisband. "Es ist der Glaube daran, dass wir Menschen mehr zutrauen können, als dies im Moment geschieht. Und es ist der Glaube daran, dass wir Menschen vernetzen müssen, weil aus einem Netzwerk die besten Ideen entstehen", so Weisband.
"Unsere Schutzfrist war kurz", sagte sie weiter. "Aber das ist ein normaler Prozess. Politik funktioniert so, dass Neues erst einmal abgewehrt wird." Die Piratenpartei mache der Gesellschaft ein Angebot, und diese stehe nun vor der Aufgabe, das Angebot zu prüfen.
Das Organisationsteam erwartete mehr als 2000 Teilnehmer auf dem Bundesparteitag in Neumünster. Im Unterschied zu den anderen Parteien verzichten die Piraten auf ein Delegiertensystem; jedes Mitglied kann Anträge stellen und abstimmen. Am Nachmittag steht die Neuwahl des Bundesvorstandes auf dem Programm.
Gute Chancen werden dem bisherigen Vize Bernd Schlömer (40) eingeräumt. Er könnte den amtierenden Parteichef Sebastian Nerz ablösen, der aber erneut antritt. Weitere aussichtsreiche Bewerberin unter den insgesamt zehn Kandidaten für den Bundesvorsitz ist die Berliner Politikwissenschaftlerin Julia Schramm. Neben dem Vorsitzenden wählen die Mitglieder am Samstag und Sonntag auch die übrigen Mitglieder des bislang siebenköpfigen Bundesvorstands.
Neben den Personalentscheidungen beschäftigt sich der Parteitag vor allem am zweiten Tag auch mit programmatischen Positionen. Dazu liegen zahlreiche Anträge vor. Eine Gruppe von Bonner Piraten verteilte in der Halle in Neumünster Flugblätter mit der Forderung "Flagge zeigen gegen Rechtsextremismus".
Bei der Entscheidung für den Tagungsort im hohen Norden hatten die Piraten die Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 6. Mai im Blick. Eine Woche danach wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. In beiden Bundesländern rechnen sich die Piraten gute Chancen auf einen Einzug in das Parlament aus. Sie sind bereits im Berliner Abgeordnetenhaus und im Landtag des Saarlands vertreten.
- Themen: