Phoenix McCain

Vor einem halben Jahr noch war er politisch so gut wie tot – jetzt ist er so nah am Weißen Haus wie kein anderer im Rennen: John McCain (71) steht nach dem Super Tuesday als Kandidat der Republikaner so gut wie fest.
von  Abendzeitung
John McCain
John McCain © dpa

Vor einem halben Jahr noch war er politisch so gut wie tot – jetzt ist er so nah am Weißen Haus wie kein anderer im Rennen: John McCain (71) steht nach dem Super Tuesday als Kandidat der Republikaner so gut wie fest.

Im Spätsommer war McCains Wahlkampfkasse pleite, er lag hoffnungslos zurück, und Beobachter schüttelten den Kopf über die Tragik eines sturköpfigen alten Mannes, der nicht wahrhaben will, wenn es vorbei ist. Doch ein John Sidney McCain III gibt nicht so schnell auf. Er nahm einen persönlichen Kredit über drei Millionen Dollar auf (die Bank zwang ihn, eine Lebensversicherung als Sicherung abzuschließen, weil sie Angst hatten, dass er den Wahlkampf nicht überlebt), und tourte dann halt statt mit Linienflugzeug und großem Stab mit altem Bus und einigen wenigen Getreuen, die umsonst für ihn arbeiteten, durchs Land.

Am Dienstag sein Triumph: „Ich bin ja gerne in der Rolle des Underdogs“, sagt er in seiner Heimatstadt Phoenix – ausgerechnet – und strahlt: „Aber jetzt bin ich der Favorit, und ich muss sagen, es macht mir gar nichts aus.“

Widerstand im eigenen republikanischen Lager

Sein Erfolg ist umso erstaunlicher, weil der interne Gegenwind groß ist. „Er ist nicht nur kein Konservativer, er sticht den wahren Konservativen die Augen aus“, hetzt James Dobson, Chef einer christlich-konservativen Gruppe. Doch offenbar ist der Einfluss der religiösen Rechten auch bei den Republikanern nicht mehr so groß, sonst läge er jetzt nicht so klar vorn – aber dieses Lager ist nach wie vor fest entschlossen, McCain zu verhindern.

Sein Charakter, seine Ehrlichkeit, seine Prinzipientreue – das nennen die Fans von McCain als ihre Motive. Sein Helden-Nimbus als Vietnamkriegsveteran. 1967 traf eine Rakete sein mit Napalmbomben bestücktes Flugzeug – er sprang aus dem Cockpit, Sekunden vor dem großen Knall. 143 Soldaten auf dem Flugzeugträger starben, er kam davon. Wenig später wurde er abgeschossen. Die Vietcong boten an, ihn – aus PR-Gründen – gehen zu lassen. Nicht ohne seine Männer, antwortete er. Und musste fünf Jahre Gefangener bleiben. Er wurde massiv gefoltert und hat bis heute bleibende Schäden: So kann er seine Arme nicht über Schulterhöhe heben. Umso heftiger setzt er sich heute gegen Folter ein, namentlich auch gegen die Pläne seiner eigenen Partei.

Auch für die Mitte wählbar

Ohnehin vertritt er grundsätzlich seine eigenen Ansichten und nicht die der Partei: Er hat gegen Bushs unfinanzierte Steuersenkungspläne gestimmt, glaubt, dass der Klimawandel existiert und hält eingetragene Homo-Partnerschaften für zulässig (aber nicht Ehen). Auch zur öffentlichen Meinung läuft er gern quer: So fand er den Irak-Krieg von Anfang an und nach wie vor richtig, auch einen Militärschlag gegen den Iran hält er für denkbar. Doch gerade seine überwiegend liberalen Ansichten machen ihn auch für die Mitte wählbar.

Gerne zelebriert er sich als der unbeugsame, erfahrene alte Haudegen. Gegner betonen aber auch das Wort „alt“: Beim Einzug ins Weiße Haus wäre er 72, versehrt ist er ohnehin, seit 1993 hat er immer wieder Hautkrebs. „Na und?“, sagt er dazu. „Meine Mom ist 95. Neulich an Weihnachten wollte sie sich in Frankreich ein Auto mieten. Hat man ihr gesagt, sie sei zu alt. Hat sie sich eins gekauft und ist damit rumgefahren.“

tan

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