Personaldebatte bei der SPD: Martin Schulz oder Olaf Scholz?

Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl streiten die Genossen um den richtigen Kurs. Ist Martin Schulz noch der geeignete Kapitän?
von  jac, wot
Wo soll’s hingehen? Olaf Scholz (l.) und Martin Schulz sind sich in dieser Frage nicht einig.
Wo soll’s hingehen? Olaf Scholz (l.) und Martin Schulz sind sich in dieser Frage nicht einig. © Christian Charisius/dpa

Berlin - Ein Angriff auf den Parteichef: In der SPD zeichnen sich heftige Auseinandersetzungen über die Neuausrichtung ab. SPD-Vize und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz veröffentlichte am Freitag ein Papier, in dem er nach den schweren Niederlagen der vergangenen Monate und Jahre hart mit seiner Partei ins Gericht geht und eine "schonungslose Betrachtung der Lage" fordert. Es dürfe "keine Ausflüchte" mehr geben bei der Ursachenforschung.

Das Dokument kann als offene Kritik an Martin Schulz angesehen werden. Denn anders als der SPD-Chef, der zuletzt mehr Mut zur Kritik am Kapitalismus gefordert hatte, wirbt Scholz darin für einen pragmatischen Kurs, der Wirtschaftswachstum, Fortschritt und soziale Gerechtigkeit verbinde. Die SPD hatte bei der Bundestagswahl ein historisch schlechtes Ergebnis von 20,5 Prozent eingefahren. Schulz kündigte danach einen Kurs der Erneuerung an.

100 Prozent für Schulz - sehr unwahrscheinlich

Wie genau sich die Partei künftig aufstellen soll, ist aber unklar. Zuletzt sorgten Personal-Streitereien für Unruhe bei den Genossen. An diesem Wochenende beginnt eine Reihe von „regionalen Dialogveranstaltungen“, bei denen die Parteispitze mit SPD-Mitgliedern über Fehler der Vergangenheit und Veränderungen für die Zukunft diskutieren will. Anfang Dezember folgt ein Parteitag, bei dem auch die SPD-Führung neu gewählt wird.

Schulz will dabei erneut für den Parteivorsitz kandidieren. 100 Prozent der Stimmen wie bei seiner ersten Wahl dürfte der 61-Jährige aber kaum mehr bekommen. Schulz schlug zuletzt verstärkt linke Töne an. In einem am Freitag veröffentlichten Gastbeitrag für die Parteizeitung "Vorwärts" schreibt er: "Eine fundamentale und tiefgreifende Erneuerung unserer Partei ist unabdingbar, wenn wir langfristig wieder erfolgreich sein wollen." 

Scholz als Gegenspieler zu Schulz

Die SPD werde linke Volkspartei bleiben, müsse sich aber weiterentwickeln und mutig die Zukunft beschreiben. In einem Zeit-Interview hatte er zuvor erklärt, die SPD müsse wieder Mut zur Kapitalismuskritik fassen. Scholz, der vielen Beobachtern als potenzieller Gegenspieler von Schulz gilt, setzt dagegen andere Akzente.

"Wirtschaftliches Wachstum wird auch in Zukunft eine zentrale Voraussetzung sein, um eine fortschrittliche Agenda zu verfolgen", schreibt er in seinem Papier. Es gehe um Fortschritt und Gerechtigkeit in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung. "Der SPD muss es gelingen, Fortschritt und Gerechtigkeit in pragmatischer Politik und einer unmittelbar anschließenden Erzählung zu verbinden."

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