Passagierflüge aus Jemen wieder erlaubt
BERLIN - Zwei Wochen nach dem Fund von Paketbomben aus dem Jemen hat die Bundesregierung das Einflugverbot aus dem arabischen Land gelockert. Das Ministerium wies Vorwürfe zurück, frühere Terrorhinweise der Lufthansa ignoriert zu haben.
Auf Anordnung von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) dürfen Reisende seit Freitag wieder aus dem Jemen mit Gepäck nach Deutschland einfliegen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums in Berlin. Das Ministerium wies Vorwürfe zurück, frühere Terrorhinweise der Lufthansa ignoriert zu haben. Das Bundeskriminalamt (BKA) geht nach einem Medienbericht von einer «intensivierten Gefährdung» durch Islamisten-Anschläge aus.
Zu den bevorzugten Angriffszielen zählten Orte mit «typischen westlichen Lebensgewohnheiten» wie etwa «Einkaufs- oder Vergnügungszentren», zitierte das Magazin «Focus» aus einer Lageeinschätzung. Die BKA-Analyse sei vor dem Fund der Jemen- Paketbomben erstellt worden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am vergangenen Wochenende in deutlicher Form auf die Gefahr weitere Terrorakte hingewiesen.
Zudem sollen US-Sicherheitsbehörden zu Wochenbeginn die Bundesregierung vor einem Terror-Kommando aus zwei Indern und zwei Pakistanern gewarnt haben, das im Auftrag des Terrornetzes Al-Kaida auf dem Weg nach Deutschland sei. Das Innenministerium kommentierte den «Focus»-Bericht über vertrauliche Informationen nicht.
Vor der Innenministerkonferenz der Bundesländer am Donnerstag und Freitag in Hamburg sprach sich Bayern für eine «Oberaufsicht» der Bundespolizei bei sämtlichen Kontrollen im Luftverkehr aus. Die «Vielfalt von Behördenzuständigkeiten an Flughäfen» sei nicht optimal, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Nachrichtenagentur dpa. Die Luftfracht dürfe nicht weniger kontrolliert werden als das Reisegepäck, das ein Passagier aufgibt.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann kündigte laut «Focus» an, beim Treffen in Hamburg die Frage eines Bundeswehreinsatzes im Inneren wieder auf den Tisch zu bringen.
Ramsauers Anordnung zufolge dürfen die Flugzeuge aus dem Jemen weiterhin keine Fracht oder Post an Bord haben. Auch reine Frachtflüge bleiben untersagt. Die Entscheidung sei auf Grundlage einer neuen Gefährdungsanalyse von Innenminister de Maizière gefallen. Beamte der Bundespolizei hätten im Jemen festgestellt, dass es zumindest gegen die Aufnahme von Passagierflügen keine Bedenken mehr gebe.
Nach dem Fund der Paketbomben vor zwei Wochen war die Deutsche Flugsicherung zunächst angewiesen worden, direkte und indirekte Flüge aus dem Jemen abzuweisen und damit bis auf weiteres keinen Einflug in und über deutsches Hoheitsgebiet zuzulassen. Eine in England an Bord eines Frachtflugzeugs entdeckte Bombe sollte vermutlich über der Ostküste der USA explodieren. Der in einer Druckerpatrone versteckte Sprengsatz war im Jemen aufgegeben und in Köln umgeladen worden.
Nach einem «Focus»-Bericht hatte die Lufthansa das Bundesinnenministerium bereits vor dem Paketbomben-Fund über die Terrorgefahr im Luftverkehr mit dem Jemen gewarnt. So sollen die Lufthansa-Experten der Bundespolizei mehrfach «gravierende Sicherheitsmängel» am Flughafen Sanaa gemeldet haben. Die SPD warf de Maizière vor, die Hinweise ignoriert zu haben und «sorglos mit der Bedrohung» umgegangen zu sein.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Stefan Paris, bezeichnete Vorwürfe, das Ministerium habe Hinweise der Lufthansa ignoriert, als «unverfroren». «Ich weise sie aufs Schärfste zurück», sagte Paris der dpa. Man sei den Hinweisen der Lufthansa sehr wohl nachgegangen. «Wir können aber nicht einfach in Drittländer gehen und uns dort umschauen.» Zudem sei es untersagt, Steuergelder für die Sicherheitsinteressen eines privaten Unternehmens wie der Lufthansa auszugeben. «Wir dürfen nicht helfen. Das hat der Bundesrechnungshof untersagt», sagte Paris. Die Lufthansa hatte nach wiederholten Anschlägen auf westliche Diplomaten noch im Oktober ihre Flüge nach Sanaa eingestellt.
dpa