Pariser Terroranschläge: Inwieweit ist Deutschland betroffen?

Die Sicherheitsbehörden untersuchen, welche Deutschland-Bezüge die Terrorattacken von Paris haben. Vieles ist noch unklar - ein Überblick.
von  dpa
Menschen gedenken der Pariser Terror-Opfer am Brandenburger Tor in Berlin.
Menschen gedenken der Pariser Terror-Opfer am Brandenburger Tor in Berlin. © dpa

Berlin - Bei den Terroranschlägen von Paris gibt es zahlreiche Aspekte, bei denen es enge Verbindungen zu Deutschland gibt. Die Wichtigsten und was hinter ihnen steckt:

 

Bekennerschreiben

 

Im mutmaßlichen Bekennerschreiben der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wird ausdrücklich das Stadion Stade de France während des Spiels der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich als Ziel genannt. Beide Länder werden als "Kreuzfahrer-Nationen" bezeichnet. Ansonsten steht Frankreich im Vordergrund. Beim Überfall auf die Konzerthalle "Bataclan" sollen die Terroristen ihre Tat mit der Lage in Syrien und dem Irak begründet haben. Dort fliegen die Franzosen Luftangriffe gegen den IS.

 

Fußballspiel Frankreich - Deutschland

 

Drei Selbstmordattentäter sprengten sich vor dem Fußballstadion in die Luft. Dass sie eine möglichst medienwirksame spektakuläre Aktion mit vielen Opfern planten, liegt auf der Hand. Im Publikum saßen Frankreichs Präsident François Hollande und neben ihm Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Laut DFB waren knapp 1000 Karten an deutsche Fans verkauft worden. Wären Attentäter tatsächlich ins Stadion eindrungen und hätten sie dort ihre Sprengstoffgürtel zünden und um sich schießen können, hätte es dort auch deutsche Opfer geben können.

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Ob die IS-Attacke gegen das Stadion tatsächlich ein gezieltes Signal auch an Deutschland sein sollte, ist unklar. In der IS-Propaganda tauchte die Bundesrepublik in der Vergangenheit immer wieder als mögliches Ziel auf. Bislang gebe es aber keine Hinweise darauf, dass Deutschland bei der aktuellen Attacke eine besondere Rolle gespielt habe, heißt es bei Sicherheitsexperten. Dem IS dürfte demnach aber zweifellos die damit verbundene Aufmerksamkeit willkommen gewesen sein. Vorrangiges Interesse des IS sei es aber wohl gewesen, mit der Attacke auf ein voll besetztes Stadion mit 80 000 Zuschauern einen möglichst großen Schaden anzurichten.

 

Opfer

 

Bei den Anschlägen starben nach Angaben des Auswärtigen Amts zwei deutsche Staatsangehörige. Bei einem der Opfer handelt es sich um einen 28 Jahre alten Architekten aus Oberbayern, der schon längere Zeit in der französischen Hauptstadt gelebt hatte. Er starb im Kugelhagel der Attentäter in einem Café. Wer das zweite Opfer ist, war zunächst unklar. Unter den bei den Attentaten Verletzten sollen dem Vernehmen nach keine Deutschen sein.

 

Überprüfung der Täter

 

Die französischen Behörden übermittelten den deutschen Kollegen kurz nach den Anschlägen den Namen eines Attentäters. Ein Abgleich mit deutschen Fahndungsdateien brachte aber keinen Treffer.

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Auch ein in der Nähe eines toten Attentäters gefundene - und möglicherweise gefälschter - syrischer Pass wird von deutschen Behörden geprüft. Es geht unter anderem um die Frage, ob der Mann, der von Griechenland über die Balkanroute gereist sein soll, durch Deutschland nach Frankreich gekommen ist. Unsicher ist aber noch, ob der Pass tatsächlich dem toten Attentäter gehört. Innenminister Thomas de Maizière sagt zur Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden beider Länder: "Es wird jetzt jeder Stein umgedreht, ob es irgendeinen Bezug gibt."

 

Attentäter oder Waffenlieferung?

 

Am 5. November kontrollierten Fahnder in Oberbayern auf der Autobahn zwischen Salzburg und München einen Autofahrer. Dabei entdeckten sie im Kleinwagen des 51-Jährigen unter anderem mehrere Kalaschnikow-Gewehre, Handgranaten sowie 200 Gramm TNT-Sprengstoff. Auf dem Navigationsgerät des Mannes fanden die Beamten eine Adresse in Paris. De Maizière sagt: "Es gibt einen Bezug nach Frankreich, aber es steht nicht fest, ob es einen Bezug zu diesem Anschlag gibt." Der aus Montenegro stammende Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft.

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Am Montag sagte der zuständige Oberstaatsanwalt, es sei weiterhin offen, ob es einen Zusammenhang mit der Terrorserie vom Freitag gebe. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

 

Deutsche Unterstützung für Paris

 

Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck haben schon am Vormittag nach den Attentaten einen engen Schulterschluss mit Paris demonstriert. Während der Euro- und zuletzt in der Flüchtlingskrise war die traditionelle deutsch-französische Achse in Unwucht geraten.

Nach den Attentaten versicherte Merkel den Franzosen: "Wir weinen mit Ihnen." Zugleich bot sie Paris "jedwede Unterstützung" an: "Wir werden alles tun, um bei der Jagd auf die Täter und Hintermänner zu helfen und gemeinsam den Kampf gegen diese Terroristen zu führen." Ein wenig hörte sich das nach SPD-Amtsvorgänger Gerhard Schröder an, der den USA nach den Al-Kaida-Anschlägen auf New York vom 11. September 2011 "uneingeschränkte Solidarität" versprochen hatte.

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Auch Innenminister Thomas de Maizière bot seinem französischem Amtskollegen jegliche Unterstützung an. Deutschland verstärkte die Kontrollen an der Grenze zu Frankreich, genauso wie die Überwachung im Flug- und Bahnverkehr insbesondere bei Verbindungen von und nach Frankreich. Die Franzosen haben deutsche Spezialkräfte wie die Anti-Terror-Einheit der Bundespolizei (GSG 9) aber laut Bundesinnenministerium bisher nicht angefragt.

 

Zusammenarbeit der Geheimdienste

 

Der Bundesnachrichtendienst (BND) steht bei der Aufklärung der Hintergründe der Attentate von Paris in engem Kontakt mit seinen französischen Partnerdiensten. "Der BND tut alles, um unsere französischen Partner im gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen", sagte BND-Präsident Gerhard Schindler. Zu Einzelheiten äußerte er sich nicht. Es dürfte dabei aber auch um Zusammenarbeit zur Aufklärung des IS-Hintergrundes der Attentate von Paris gehen.

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