Papst versichert Missbrauchsopfern Mitgefühl

Vor allem eine Frage stellten sich alle Beobachter des riesigen Katholikentreffens: Was würde Benedikt XVI. den Missbrauchsopfern von Priestern diesmal sagen? Würde er sich überhaupt äußern? Nun hat er es getan.
von  Abendzeitung
Benedikt XVI. teilt das Leid der Opfer
Benedikt XVI. teilt das Leid der Opfer © dpa

Vor allem eine Frage stellten sich alle Beobachter des riesigen Katholikentreffens: Was würde Benedikt XVI. den Missbrauchsopfern von Priestern diesmal sagen? Würde er sich überhaupt äußern? Nun hat er es getan.

Es war weniger als sie erwartet hatten, aber es war für einige trotzdem genug. Bei seinem Besuch in den USA hatte Papst Benedikt XVI. sich noch mit Missbrauchsopfern getroffen. Am vorletzten Tag des Weltjugendtags in Sydney tat er das nicht. Er hat trotzdem sein Mitgefühl mit den Menschen ausgedrückt, die von Priester missbraucht worden sind. Das Wort «Entschuldigung», das viele Opferverbände verlangt hatten, benutzte er dabei allerdings nicht

«Der Schmerz und das Leiden, das die Opfer ertragen haben, tun mir aufrichtig leid, und ich versichere ihnen, dass ich als ihr Hirte das Leiden teile», sagte der Papst am Samstag bei einer Messe mit australischen Bischöfen. «Diese Untaten, die einen so schweren Verrat am Vertrauen darstellen, müssen unmissverständlich verurteilt werden.... Opfern sollte Mitgefühl und Fürsorge zu Teil werden, und die, die für diese Übel verantwortlich sind, müssen vor Gericht gestellt werden.» Opfergruppen hatten ein Treffen mit dem Papst und eine Entschuldigung verlangt. Eine solche Begegnung stand nicht auf seinem Programm. Beim Papst-Besuch im Frühjahr in den USA hatte der Vatikan allerdings auch außerhalb des Medienrampenlichts ein Treffen mit Missbrauchsopfern organisiert und erst später darüber informiert.

Opfergruppe: «Das ist es, was wir hören wollen»

Ein Sprecher von Opfergruppen zeigte sich hochzufrieden mit den Papst-Worten. «Wunderbar», sagte John Hennessey. «Er hätte Worte wie Scham und Verrat nicht benutzen müssen, aber er hat es getan, und Worte wie Mitgefühl und Fürsorge. Das ist es, was wir hören wollen.» In Australien sind nach Angaben von Opfergruppen mehr als 100 Priester wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Jugendbischof Franz-Josef Bode hat keinen Zweifel, das der Weltjugendtag den Glauben der jungen Teilnehmer festigt und nicht nur als großes Spektakel empfunden wird. «Die Jugendlichen bekommen hier so positive Eindrücke von Kirche und Glauben», sagte er am Samstag beim Weltjugendtag in. «Natürlich mag das eine oder andere zu spektakulär erscheinen, aber der Gesamteindruck reißt die Leute mit. Wenn das auch noch in der Gruppe und in der Großgemeinschaft erlebt wird, kann man wirklich sagen, dass es ein Glaubensfest ist.»

Deutscher Jugendbischof: eine Persönlichkeit, die für etwas steht

Gerade in der Buntheit und Ausgelassenheit, die in Sydney zu spüren war, sei die Gegenwart des Papstes ausgesprochen wichtig. «Es ist wichtig, eine Mitte, ein Einheitsprinzip zu erleben», sagte Bode, der seit 1995 das Bistum Osnabrück leitet. Durch den Papst bekommt die weltweite Kirche ein Gesicht. Zum anderen sei die Geste wichtig: Das höchste Kirchenoberhaupt wendet sich der Jugend zu. Mit Verweis auf die Popularität des Dalai Lama sagte Bode: «Wir suchen ja in der Welt nach Persönlichkeiten, die für etwas stehen: für Gemeinschaft, für Frieden, moralische Werte, Verbindlichkeit und Verantwortung.» Trotz der hohen Kosten der Anreise - für viele Pilger mehr als 2000 Euro - habe sich der Aufwand gelohnt, ist Bode überzeugt. «Wenn man bedenkt, wie viel für Fußball oder für Autobahnbau ausgegeben wird, und wie viele Leute von dieser Veranstaltung profitieren - eine halbe Million plus die Menschen, die sie hinter sich haben - dann ist der Aufwand gerechtfertigt», sagte Bode.

Pilgerströme zur Pferderennbahn

Die positive Wirkung gehe zu Hause weiter. «Wir haben immer wieder erlebt, dass das Zusammenspiel der Kräfte uns gut tut und dass man so einen Aufbruch erleben muss, um zu Hause dann wieder gemeinsam die Dinge anzupacken.» Zudem gebe es bei einer so internationalen Veranstaltung immer Impulse, zum Beispiel durch Erfahrungen und Erlebnisse, «die die Dinge in Deutschland manchmal kleinkariert erscheinen lassen», sagte Bode. Hunderttausende Menschen zogen unterdessen auf dem neun Kilometer langen Pilgerweg zu einer Pferderennbahn, wo das Oberhaupt der mehr als eine Milliarde Katholiken weltweit am Abend eine Andacht und am Sonntag den großen Abschlussgottesdienst des Weltjugendtages feiern will.

Schulen schon wieder geräumt

Die ersten Pilgerströme in Australien setzten sich am Samstagmorgen schon vor dem Sonnenaufgang in Marsch. Sie formierten sich nördlich der berühmten Hafenbrücke, die erst zum dritten Mal in ihrer 76-jährigen Geschichte den ganzen Tag gesperrt war. Die neun Kilometer lange Strecke führte direkt durch die Innenstadt. Die Gruppen zogen in einem endlosen Strom über den Pilgerweg, die meisten mit ihrem gesamten Gepäck auf dem Rücken. Bis zu 200.000 Menschen wollten am Samstagabend nach der Andacht auf dem Gelände übernachten und dann am Sonntag am selben Ort die Abschlussmesse feiern. Dazu werden bis zu einer halbe Million Menschen erwartet. Das wäre der größte Gottesdienst, der in Australien je gefeiert wurde. Die ausländischen Pilger, die überwiegend in Schulen untergebracht waren, mussten inzwischen ihre Quartiere räumen, weil am Montag der Schulbetrieb wieder beginnt. Sie müssen am Sonntag abreisen oder andere Unterkünfte suchen. (nz/dpa)

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