Papst macht Harry-Potter-Feind zum Bischof

Der Streit um die Holocaust-Leugner in der katholischen Kirche ist noch ausgestanden, schon sorgt eine neue Personlie auf Aufregung: Die Diözese Linz bekommt mit Gerhard Wagner einen ultrakonservativen neuen Weihbischof.
Nach dem Streit um den Holocaust-Leugner Richard Williamson hat der Papst eine Entscheidung getroffen, die neue Kritik hervorruft. Benedikt XVI. ernannte den ultrakonservativen österreichischen Priester Gerhard Wagner zum neuen Weihbischof der Diözese Linz. Das teilte der Vatikan am Samstag in Rom mit. Der 54-jährige Wagner, seit 1988 Pfarrer in Windischgarsten, hatte durch umstrittene Äußerungen Schlagzeilen gemacht. So warnte er Jugendliche vor den «Harry Potter»-Büchern von J.K. Rowlings, weil er darin «Satanismus» am Werk sah. Außerdem nannte er den Hurrikan «Katrina», der New Orleans verwüstet hatte, eine Art göttliche Strafe für eine unmoralische Stadt. Nicht zufällig habe der Hurrikan die fünf Kliniken zerstört, in denen abgetrieben worden sei. «Ich bin einer, der die Konfrontation geradezu sucht», sagte Wagner am Samstag dem ORF-Fernsehen.
«Eine Katastrophe»
Die Ernennung löste in der Diözese Besorgnis aus. «Die Vorgangsweise ist wirklich eine Katastrophe», sagte der Pfarrer von Traun, Generaldechant Franz Wild, dem ORF. Er befürchte, dass der Diözese eine schwierige Zeit bevorsteht. Laut österreichischen Medien war die Entscheidung weder mit Wagners zukünftigem Vorgesetzten, dem Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz, noch mit Kardinal Christoph Schönborn akkordiert. Zuvor hatten die Anfang der Woche bekanntgewordenen Pläne des Papstes, vier exkommunizierte Bischöfe, unter ihnen Williamson, zu rehabilitieren, zu einem schweren Zerwürfnis mit Vertretern des Judentums und zu massiver Kritik seitens katholischer Theologen geführt. Der israelische Minister für Religionsangelegenheiten, Jizchak Cohen, drohte wegen der Rehabilitierung des britischen Bischofs mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Vatikan. Wie das Magazin «Der Spiegel» schreibt, sagte Cohen, er empfehle, «die Verbindungen mit einer Körperschaft, in der Holocaust-Leugner und Antisemiten Mitglied sind, vollständig abzubrechen». Der erzkonservative Bischof hatte sich zwar beim Vatikan für den von ihm ausgelösten «Sturm» entschuldigt, seine Äußerungen zum Holocaust aber nicht zurückgenommen. Er hatte unter anderem im schwedischen Fernsehen erklärt, von den Nazis seien nicht sechs Millionen Juden ermordet worden, und es habe keine Gaskammern in den Konzentrationslagern gegeben.
Zentralrat sieht unverzeihliche Fehler
Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte dem «Spiegel», mit der Rehabilitierung von Bischof Williamson «einen Holocaust-Leugner gesellschaftsfähig gemacht» zu haben, sei «unverzeihlich». Dies zeige, dass der Papst «die Versöhnung mit den Juden, die seine Vorgänger vorangebracht haben, infrage stellt». Israel Meir Lau, ehemaliger Oberrabbiner Israels und Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald, fragt im «Spiegel»: «Wie kann ein solcher Lügner den Schutz und die Rehabilitierung des Führers der katholischen Kirche bekommen?» Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zeigte Verständnis für die «Irritation und Betroffenheit der jüdischen Gemeinde». «Solche Äußerungen und Vorkommnisse gefährden den vom heutigen Papst und seinen Vorgängern ausdrücklich für unverzichtbar erklärten Dialog mit den jüdischen Organisationen», sagte Lammert dem «Spiegel». Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch betonte in dem Magazin: «Weder für Antisemitismus noch für die Leugnung des Holocaust gibt es Platz in der katholischen Kirche.» (dpa)