Papst empfing überraschend Missbrauchsopfer

«Einen ersten positiven Schritt auf einem sehr langen Weg», haben Opferverbände diese persönliche Geste von Benedikt XVI. genannt ? der weitere Schritte verlangt.
von  Abendzeitung
Hörte den Missbrauchsofern zu: Benedikt XVI.
Hörte den Missbrauchsofern zu: Benedikt XVI. © AP

«Einen ersten positiven Schritt auf einem sehr langen Weg», haben Opferverbände diese persönliche Geste von Benedikt XVI. genannt ? der weitere Schritte verlangt.

Papst Benedikt XVI. ist mit einem persönlichen Treffen mit Missbrauchsopfern pädophiler Priester weit über die Erwartungen bei seinem USA-Besuch hinausgegangen. Er rückte damit seine Bemühungen um Sühne und Wiedergutmachung für den die amerikanische katholische Kirche seit Jahren erschütternden Skandal in den Mittelpunkt seiner ersten Papstreise in die Vereinigten Staaten.

Benedikt traf am Donnerstag in der Kapelle der Nuntiatur in Washington mit einer «kleinen Gruppe von fünf oder sechs Personen ? Männer und Frauen ? zusammen, die von Mitgliedern des Klerus missbraucht wurden», teilte der Vatikan mit. Der Papst habe sich die Berichte der Opfer angehört. Anschließend habe er mit ihnen gemeinsam gebetet und «ihnen Worte der Hoffnung und der Ermutigung» zugesprochen, hieß es. Das Treffen hatte zunächst nicht auf dem päpstlichen Besuchsprogramm gestanden. Das «sehr emotionale Beisammensein» habe etwa 25 Minuten gedauert, «einige der Teilnehmer sind in Tränen ausgebrochen», verlautete aus Vatikankreisen. Vertreter einer Organisation von Missbrauchsopfern, sprachen «von einem ersten positiven Schritt auf einem langen Weg.» Es müssten aber noch viele weitere Schritte folgen. Der Missbrauchskandal, der die US-Kirche seit Jahren erschüttert, hat den Papstbesuch in den USA über weite Strecken beherrscht und überschattet. Mehrfach nahm Benedikt dazu Stellung und äußerte sich «tief beschämt». Einige Opfer berichteten im US-Fernsehsender CNN von ihrer Begegnung mit dem Papst. Bernie McDaid sagte, er sei Messdiener gewesen, als er von einem Priester sexuell belästigt worden sei. Er habe Benedikt gesagt: «Es war nicht nur sexueller Missbrauch, es war auch spiritueller Missbrauch. Und ich will, dass Sie das wissen.» McDaid und zwei weitere Teilnehmer beschrieben die Begegnung mit dem Papst in der Kapelle der Washingtoner Vatikan-Botschaft als sehr offen und emotional. Lombardi sagte, es sei vermutlich das erste Treffen eines Papstes mit Missbrauchsopfern von Priestern überhaupt. Mehr als 4000 Priester sind in den USA beschuldigt worden, seit den 50er Jahren Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Die Kirche zahlte mehr als zwei Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) Schmerzensgeld. Der Skandal nahm eine nationale Dimension an, als der Fall eines geistlichen Serientäters in Boston vielen Opfern den Anstoß gab, auch ihre Geschichte öffentlich zu machen. Sechs Diözesen brachten die Kosten des Skandals in die Zahlungsunfähigkeit. Teilweise wurden die Fälle von der Kirche Jahre lang vertuscht. An diesem Freitag steht mit der Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) der Höhepunkt der sechstägigen Reise auf dem Programm. Es wird erwartet, dass der Papst in seiner Rede eine Stärkung der Menschenrechte und der UN fordert. Außerdem steht ein Kurzbesuch in einer Synagoge in New York auf dem Programm. (dpa/AP)

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