Organspende-Spitzentreffen bei Gesundheitsminister Bahr
Berlin - Unmittelbar vor dem heutigen Spitzentreffen bei Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) in Berlin fordern mehrere Länder, die korrekte Vergabe der begehrten Spenderorgane sicherzustellen. Finanzielle Anreize für Transplantationen in den Krankenhäusern sollten gestrichen werden. Mit Bahr treffen die Hauptakteure des Organspendewesens und Ländervertreter zusammen.
Nach den Vorfällen in den Unikliniken in Göttingen und Regensburg zeigten Umfragen eine gesunkene Spendebereitschaft. Patienten sollen dort gegen Geld Spenderorgane bekommen haben. Krankheitsdaten sollen dafür manipuliert worden sein. Außerdem sind Schnellverfahren sowie Hochdringlichkeitsfälle bei der Organvergabe ins Gerede gekommen: Hierbei soll es weniger gerecht zugehen, weil die allgemeine Warteliste nicht oder nicht uneingeschränkt gilt.
Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung hat die Prüfkommission der Bundesärztekammer allerdings nur bei einem sehr geringen Teil von Organtransplantationen Hinweise auf Unregelmäßigkeiten entdeckt. Bei insgesamt 50 739 Transplantationen zwischen 2000 und 2011 habe es 119 "klärungsbedürftige Auffälligkeiten" gegeben, schreibt das Blatt. In 21 Fällen hätten Verstöße vorgelegen, die an Ministerien oder Staatsanwaltschaft zur Überprüfung weiter geleitet worden seien.
Bayerns Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) forderte: "Wir müssen die richtigen Schlüsse aus dem Transplantationsskandal ziehen." Nur durch Klarheit und Transparenz könne dies gelingen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Bundesweit muss ein Sechs-Augen-Prinzip gelten, damit kein Spielraum für Manipulationen jeglicher Art besteht." Ähnlich hatten sich bereits Bahr sowie die Organisationen der Ärzte, Kliniken und Krankenkassen geäußert. Demnach sollen unabhängige Ärzte bei der Organvergabe mitentscheiden.
Schluss sein müsse mit falschen Anreizen wie Bonuszahlungen, forderte Huber. "Die Bezahlung der Ärzte muss leistungsgerecht sein, darf aber nicht von der Anzahl ihrer Operationen abhängen." Platz für Misstrauen dürfe es nicht geben.
Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) sagte: "Nach den schlimmen Vorgängen, die das Vertrauen dramatisch erschüttert haben, besteht für jeden sichtbar Handlungsbedarf." Sichergestellt werden müsse, dass die Organe stets den Patienten gegeben werden, die sie aus medizinischen Gründen auch erhalten sollten, sagte sie der dpa. Ein Vier- oder Sechs-Augen-Prinzip sei zwingend. "Mit falschen Anreizen durch Bonusregelungen für Operateure, die viele Organe transplantieren, muss Schluss gemacht werden."
NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) meinte, für eine gezieltere Überwachung der Transplantationszentren seien verschiedene Instrumente denkbar. Diskutiert werden müsse die Einführung eines bundesweiten umfassenderen Warn- und Informationssystems unter den Behörden. Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) forderte, dass der Bund die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organisation der Organtransplantation stets genehmigen muss.
Ärzte, Krankenkassen und Kliniken hatten bereits nach einem ersten Krisentreffen angekündigt, das Vertrauen mit mehr Transparenz und schärferen Kontrollen zurückgewinnen zu wollen. Bahr hatte angekündigt, dafür mögliche Gesetzeslücken schließen zu wollen. Die SPD hatte sich bereiterklärt, rasch über Änderungen mitentscheiden zu wollen.
Der Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, forderte eine grundlegende Reform des Transplantationssystems. Das ganze Organspende- und Verteilungssystem müsse in staatliche Hände gelegt werden, sagte er "Berliner Zeitung" (Montag). Der medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organspende, Günther Kirste, sprach sich im Sender NDR Info für eine Vereinfachung des Transplantationsgesetzes aus. Die strikte Unterteilung zwischen Organspende, Verteilung und Transplantation sei zu kompliziert. Künftig müssten Organspende, Organvermittlung und das Führen der Wartelisten aus einer Hand erfolgen.
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