Olympia – Game over?
Nach Paris und London drohen jetzt auch in San Francisco erhebliche Störungen der Feuer-Show. Das IOC diskutiert das Ende der Welttour. Eine riesige Blamage droht – nicht nur für die Machthaber in Peking. Game over?
Der Ruhetag ist vorbei. Heute wartet San Francisco mit seiner großen asiatischen Gemeinde und der bekannten Freiheitsliebe seiner Einwohner. Das riecht wieder nach Randale. Ein ungemütlicherer Platz für die olympische Flamme lässt sich kaum denken. Nach den Protesten von Athen, London oder Paris erwägen Olympia-Funktionäre den Abbruch der Fackelläufe um die Welt. Game over? Eine riesige Blamage droht – nicht nur für die Machthaber in Peking.
Nach den Szenen von Paris, als die olympische Flamme mehrmals gelöscht werden und im Bus an wütenden Demonstranten vorbeigefahren werden musste, wird im IOC das Ende der Welttour diskutiert. Schon vor den nächsten Spielen 2010 wird es keinen internationalen Lauf mehr geben. Aber schon jetzt wird eine Verkürzung der auf 137000 Kilometer geplanten Welttour diskutiert: „Das wäre wie ein Zurückweichen vor dem Terrorismus sagte das australische IOC-Mitglied John Coates, aber sein Chef IOC-Präsident Jacques Rogge äußert sich deutlich zurückhaltender: „Ein wichtiges Symbol ist attackiert worden, und ich bin sehr traurig.“ Eine weitere Störung diese „internationalen Friedenssymbols dürfe es nicht geben. Und Manfred von Richthofen, Ehrenpräsident des DOSB, nannte den ganzen Fackellauf ein „peinliches Schauspiel“. Organisiert wird den Rundlauf vom chinesischen NOK, dessen Sprecher der Zwischenfälle massive kritisierten. Schelte für anti-chinesische Berichterstattung kommt gut an bei den patriotischen Chinesen, die sonst anderes gewohnt sind.
„Die Bilder sind für die Chinesen ein kleiner Weltuntergang“, sagt Kommunikationswissenschaftler Thomas Knieper zur AZ. Normalerweise werde auf den Bildern in der kontrollierten Presse in China die Ordnung betont, die Autoritäten stehen vorn, und jetzt das: Wütende Demonstranten, verunsicherte und prügelnde Polizisten. Knieper erwartet einen Wettlauf der Demonstranten, die sich in ihren Aktionen übertreffen wollten: „Wir könnten noch schlimmere Bilder bekommen als aus Paris.“ Das amerikanische olympische Komitee suchte unterdessen die Unterstützung von US-Präsident George Bush: Peter Ueberroth, Chef des NOK, fürchtet „eine Mischung aus Zirkus und Hooliganismus. Rund 500 Polizisten erwarteten den Jet mit der Flamme, schon am Vorabend hatte es Demonstrationen von Exil-Tibetern. Die Organisation „Studenten für ein freies Tibet“ hatten die Golde Gate-Brücke erklommen und ein riesiges Plakat aufgehängt: Free Tibet.“
Wir haben nichts gegen friedlichen Protest“, heißt es in einer Erklärung des IOC zu den Vorfällen der vergangenen Tage: „Aber auch die Flamme hat ein Recht darauf, friedlich herumgereicht zu werden. Die Show soll weiter gehen, vorerst.
Matthias Maus