Weniger Kondome: Bayern knackt Syphilis-Rekord
München bricht einen Rekord: Die Inzidenz der Syphilis-Infektionen ist auf dem Höchststand. Laut einem Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) vom 15. Februar 2024 steckten sich im Jahr 2022 in der bayerischen Landeshauptstadt 38,9 Personen pro 100.000 Einwohnern an.
Bayern knackt Syphilis-Rekord
Laut Daten des RKI steigen in Deutschland seit 2010 die Zahlen kontinuierlich an. Dabei sind vor allem städtische Gebiete (über 100.000 Einwohner) betroffen. So war Köln die am stärksten betroffene Stadt Deutschlands mit einer Inzidenz von 42,9 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Auch Berlin (41,3) und Frankfurt (27,8) waren stark betroffen, sowie auch Nürnberg (29,2). Bayern hatte als Bundesland jedoch einen weiteren bundesweiten Rekord, mit dem höchsten Anstieg der Inzidenz im Vergleich zum Vorjahr, mit 52,5 Prozent.
Infektionen durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr haben sich verdoppelt
Laut dem Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) werden "die meisten gemeldeten Syphilisfälle in Bayern [...] durch Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), übertragen." Jedoch ist auch "die Zahl der neu gemeldeten Fälle, die durch heterosexuellen Sex übertragen werden, von 2003 bis 2023 um etwa das Zweifache gestiegen." Syphilis, das sexuell und durch Blutkontakt übertragbar ist, ist seit Eintreten des Infektionsschutzgesetzes 2001 meldepflichtig. So waren die Zahlen 2001 in Bayern noch recht niedrig. Es wurden 38 Fälle, die über MSM übertragen wurden gemeldet und 70 über heterosexuellen Geschlechtsverkehr. 2019, im Corona-Vorjahr, waren es 652 (MSM) und 106 (Heterosexueller Sex) Fälle. Während des ersten Corona-Jahres sank die Zahl in Bayern auf 594 beziehungsweise 80 Fälle. 2023 stiegen die Infektionszahlen auf 983 und 151 Personen in Bayern.
Zahl der Syphilis-Fälle in München steigt: Verzicht auf Kondome ist ein Risiko
Als Ursache gibt das LGL vor allem den Verzicht auf Kondome an. Diese gelten als effektivstes Mittel gegen sexuell übertragbare Krankheiten. Ein weiterer Grund sei aber auch eine bessere Diagnostik. Früh erkannt, könne "die Syphilis nach den Leitlinien der Deutschen STI-Gesellschaft mit Antibiotika gut behandelt werden", so das LGL in der Abendzeitung. Wenn die Krankheit jedoch nicht rechtzeitig behandelt werde, seien schwerwiegende gesundheitliche Schäden die Folge. Trotzdem sei "auch in späteren Krankheitsphasen eine Behandlung noch möglich, allerdings dauert die Therapie dann länger." Eine Impfung gegen Syphilis gibt es jedoch nicht.
Freistaat reagiert: "Only Human. Leben. Lieben. Mensch sein"
Der Anstieg der Syphilis-Fälle sei bereits 2019 ein Anlass für die Kampagne „STI auf Tour“ des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) gewesen. Das Projekt läuft zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht mehr. Die Kampagne „Mit Sicherheit besser“ des StMGP klärt über sexuell übertragbare Infektionen, Schutzmöglichkeiten sowie Tests und Beratung auf. Für dieses Jahr ist eine Ausstellung des Bayerischen Zentrums für Prävention und Gesundheitsförderung (ZPG) geplant. "Only Human. Leben. Lieben. Mensch sein" steht laut LGL "voraussichtlich ab Sommer 2024 zur Verfügung". Sie soll auch über Sexuelle Gesundheit und HIV-/STI-Prävention aufklären. "Information, Sensibilisierung und Enttabuisierung rund um die Themen der Frauen- und Männergesundheit, HIV und weiteren sexuell übertragbaren Krankheiten stehen hier im Mittelpunkt", so ein Pressesprecher des LGL.
Public Health in allen Bereichen wichtig
In Bezug auf verschiedene Infektionskrankheiten, nicht nur Syphilis, spielt "Public-Health" (dt. Öffentliche Gesundheit) eine große Rolle. Auf nationaler Ebene sind dies "Eckpunkte für eine Nationale Public Health-Strategie" des Zukunftsforums Public Health. Hier sei laut LGL das Konzept "Health in all Policies" eine wichtige Grundorientierung. Dies ist eine von der Weltgesundheitsorganisation 2013 formulierte Strategie, die empfiehlt Gesundheit in allen Politikbereichen zu berücksichtigen. Das StMGP erarbeitet laut LGL "derzeit einen Masterplan Prävention". In einem partizipativen Prozess sollen dort "gemeinsam mit Partnern aus den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung Präventionsbedarfe diskutiert und Strategien und Strukturen weiterentwickelt werden".