Österreich: Geheimpapier warnt vor Flüchtlings-Chaos

Ein Geheimpapier aus dem österreichischen Innenministerium warnt eindringlich vor einer dramatischen Verschlechterung der Flüchtlingssituation. Das Papier wurde auch der bayerischen Polizei geschickt, inzwischen rudert man allerdings zurück.
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Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze.
dpa Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze.

Wien – Das Strategiepapier "Sonderberichterstattung und Analyse der derzeitigen Migrationslage", das der AZ vorliegt, wurde von einer Arbeitsgruppe des österreichischen Bundesministeriums für Inneres erstellt, die sich regelmäßig mit den Folgen der Flüchtlingskrise beschäftigt. Laut Briefkopf des Papiers zählt sie zur "Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit".

Strategiepapier ging auch an bayerische Polizei

Das Dokument wurde auf dem offiziellen Dienstweg an die bayerische Polizei geschickt, wie der BR berichtet.  

In dem Papier wird die aktuelle Flüchtlingssituation analysiert und eine Prognose für die nähere Zukunft aufgestellt. So heißt es beispielsweise über die Situation in Syrien, dass von dort weiterhin stark wachsende Flüchtlingszahlen zu erwarten sind. Insbesondere Syrer, die lediglich in eines der Nachbarländer geflohen sind, würden verstärkt nach Europa weiterziehen.

Die Begründung dafür ist einfach und einleuchtend: "Syrischer Bürgerkrieg (bis dato 5 Jahre) dauert zu lange. Selbst Flüchtlinge, die bis dato noch Hoffnung hatten, dass sich die Situation in Syrien dauerhaft beruhigen könnte, sowie die mangelhafte Bekämpfung des IS-Kalifates führt nun verstärkt zu Entscheidungen, die Flucht fortzusetzen und ein 'neues Leben' zu beginnen. Mangels Alternativen ist Europa das Ziel."

PKK-Konflikt könnte neue Flüchtlingswelle auslösen

Der Kurden-Konflikt in der Türkei könnte zudem zu einer weiteren Flüchtlingswelle führen: "massive Destabilisierung der Grenzregionen zu Syrien und Irak (Südgrenze), terroristische Anschläge innerhalb der Türkei, Primärmigration türkischer Kurden nach Europa (noch marginal – Tendenz stark steigend)".

Darüber hinaus werden die Entwicklungen in Jordanien, Libyen, dem Libanon sowie in den EU-Erstaufnahmeländern Italien und Griechenland analysiert.

Auch die deutsche Asylpolitik wird von den Autoren des Strategiepapiers kritisch hinterfragt: "Die politische Entscheidung in Deutschland, syrische Flüchtlinge nicht nach Ungarn zu überstellen (Griechenland ist ohnehin schon seit Jahren ex-Dublin), führte zu einem massiven Pull-Faktor."

"Gefahr der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung"

Sollten die prognostizierten Szenarien eintreffen und die Flüchtlingszahl stark zunehmen, zeichnet man in dem Geheimpapier ein regelrechtes Horror-Szenario auf. Als mögliche Auswirkungen für Österreich werden genannt: "Polizeilicher Einsatz, Bindung der exekutiven Strukturen, Personalknappheit, Gefahr der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit durch massive Bindung des Personales zur Abwicklung der exekutiven Tätigkeiten im Zusammenhang mit illegalen Einreisen nach Österreich, Überforderung des Asyl- und Versorgungssystems".

Dies könne zu einer "Gefahr von interethnischen und interreligiösen Konflikten unter den Migranten" und letztendlich sogar zu einer "faktische[n] Außerkraftsetzung der gesetzlichen Strukturen" führen.

Innenministerin relativiert: "Momentan sind wir sehr sicher"

Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) relativierte die drastischen Aussagen mittlerweile im Gespräch mit dem TV-Sender ZIB 2 jedoch deutlich: "Das ist ein Szenario, vor dem wir jetzt zur Stunde nicht stehen. Es wird jeden Tag die Lage neu beurteilt, es gibt jeden Tag bei uns auch eine Lagebesprechung, wo die Gefährdungseinschätzung auch gemacht wird. Das heißt: momentan sind wir sehr sicher." Auch die Übersendung des Berichts an die deutsche Polizei sei lediglich ein Routinevorgang gewesen.

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