Öl-Embargo gegen Russland entzweit die EU

Kein Öl mehr aus Russland – Ungarn ist gegen diese Sanktion. Eine Einigung haben die Außenminister auch am Montag nicht erzielt.
von  Katrin Pribyl
Diese Frau weiß, was sie will – viele Länder in Europa sind dagegen uneins über die Frage, ob und wann es ein Embargo geben sollte.
Diese Frau weiß, was sie will – viele Länder in Europa sind dagegen uneins über die Frage, ob und wann es ein Embargo geben sollte. © picture alliance/dpa

Die EU-Kommission hatte kaum ihre Pläne für ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland inklusive eines Öl-Embargos vorgestellt, da regte sich bereits der Widerstand in Budapest. In der jetzigen Form sei das Maßnahmenpaket "wie eine Atombombe", die auf die ungarische Wirtschaft abgeworfen werde, ächzte Ministerpräsident Viktor Orban.

Auch hinter den Kulissen hatten die Verhandlungen der Diplomaten in der vergangenen Woche keinen Durchbruch in Sachen Abnahmestopp von russischem Öl gebracht.

Zuversicht bei Baerbock, die USA sieht es weniger optimistisch

Die EU-Außenminister unternahmen also bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel einen erneuten Versuch. Ohne Erfolg. Selbst bei der ausgesandten Botschaft konnte man sich offenbar nicht festlegen. Während sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) "zuversichtlich" zeigte, dass man in den nächsten Tagen zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen werde, präsentierte sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell weniger optimistisch.

"Wir tun unser Bestes, um die Blockade aufzuheben", sagte der Spanier mit Blick auf Ungarn. Man könne aber nicht versichern, dass das gelingen werde. Er sprach von "ziemlich festen Positionen" und verwies auf die "Sondersituation" einiger Mitgliedstaaten, die besonders abhängig von russischem Öl sind. Sanktionsmaßnahmen müssen innerhalb der EU einstimmig angenommen werden. Und die Sorgen über mögliche Versorgungslücken, steigende Energiepreise und wirtschaftliche Risiken sind groß - vorneweg in Ungarn und der Slowakei.

Öl-Embargo gegen Russland: Ausnahmen für Ungarn und Slowakei

Um ein Veto zu verhindern, hat die EU-Kommission deshalb bereits großzügige Ausnahmeregeln in den Raum gestellt. Während eigentlich ein schrittweiser Ausstieg aus allen russischen Rohölprodukten innerhalb von sechs Monaten und aus allen raffinierten Ölprodukten bis zum Ende dieses Jahres angestrebt wird, sieht der Kompromiss für Ungarn und die Slowakei offenbar eine Frist für die Umsetzung des Embargos bis Ende 2024 vor.

Auch Tschechien und Bulgarien zaudern angesichts des Zeitplans und könnten ebenfalls eine längere Übergangsphase bekommen, um auf andere Anbieter und Lieferwege umsteigen zu können.

Mit jedem Tag nimmt der Druck auf die Gemeinschaft zu, denn aus der EU flossen seit der Invasion in die Ukraine Milliarden Euro für Öl und Gas in die Kriegskasse des Kremls. Es sei "ausgesprochen unglücklich, dass ein einzelner Mitgliedstaat eine Einigung verhindert - und damit die gesamte EU in Geiselhaft nimmt", kritisierte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis das Vorgehen Ungarns.

Eine Frage jedoch sorgte auch zu Beginn dieser Woche in Brüssel für Kopfschütteln. Warum stellte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits vor knapp zwei Wochen die Pläne vor, wenn innerhalb der Gemeinschaft noch einige auf der Bremse stehen? Normalerweise werden die Sanktionen im Vorfeld mit den Mitgliedstaaten abgestimmt. Nun dürften sich die Gespräche sogar bis zum außerordentlichen EU-Gipfel am 30. und 31. Mai hinziehen.

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