Oberster deutscher Bischof zum Rapport beim Papst
ROM - "Tief bestürzt und betroffen" - so habe Papst Benedikt XVI. auf die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche reagiert. Robert Zollitsch, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, informierte am Freitag in Rom das Kirchenoberhaupt.
Eigentlich ist es Routine, dass der Papst den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz empfängt. Doch die Audienz, die Robert Zollitsch gestern hatte, kam um ein heikles Thema nicht herum: Die Missbräuche an katholischen Einrichtungen. „Wie wir uns der Frage angenommen haben“, das wollte Zollitsch von der Bischofskonferenz erzählen.
Papst Benedikt XVI. hätte mit „großer Betroffenheit und tiefer Erschütterung“ reagiert, sagte Zollitsch, als er hinterher vor die Presse trat; der Papst habe die Bischöfe ermutigt, „den eingeschlagenen Weg der lückenlosen und zügigen Aufklärung konsequent fortzusetzen“. Er gehe gestärkt aus dem Gespräch hervor, sagte Zollitsch. „Wir stellen uns unserer Verantwortung und können keinen der geschehenen Fälle entschuldigen.“ Er betonte, die Kirche wolle ehrliche Aufklärung. Die Opfer hätten ein Recht darauf.
Er dankte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Bundesbildungsministerin Annette Schavan dafür, dass sie zu einem Runden Tisch „aller gesellschaftlich relevanten Gruppen“ eingeladen hätten – den zweiten Runden Tisch ließ er unerwähnt: Den hatte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einberufen. An ihrem Tisch soll über Prävention und Entschädigung für die Opfer diskutiert werden – und Leutheusser-Schnarrenberger hatte der Kirche vorgeworfen, sie habe die Aufklärung von Missbrauchsfällen in ihren Einrichtungen nur zögerlich vorangetrieben.
Die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ hat schon vor dem Besuch Zollitschs einen kritischen Artikel der Historikerin Lucetta Scaraffia zu den Missbräuchen veröffentlicht: Frauen auf Führungsebene hätten die Skandale verhindern können, ist ihre These.
Eine größere weibliche Präsenz hätte möglicherweise „den Vorhang männlicher Verschwiegenheit“ angesichts derartiger Verbrechen zerrissen, schrieb Scaraffia. Frauen seien auch eher bereit, Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch zu verteidigen. Trotz einer gestiegenen Wertschätzung kämen Frauen im Kirchenleben kaum vor: Man habe ihr Engagement „praktisch immer aus Entscheidungsbereichen herausgehalten“, schreibt sie.
Jeden Tag dringen neue Fälle ans Licht, schildern Opfer neue Grausamkeiten. Bei den Wiener Sängerknaben durften sich ältere Schüler auf Tour einen jüngeren mit ins Bett nehmen, der sie befriedigte, erzählt einer. „Nach dem wöchentlichen Schwimmen im schuleigenen Hallenbad mussten wir zu fünft unter die Duschen. Sichtschutz gab es nicht. Die Präfekten standen dicht neben uns. Sie gaben Kommentare ab und forderten uns auf, beim Waschen unserer Genitalien gründlich zu sein", ein anderer.
Die österreichische Wochenzeitung „der Falter“ hat einen Fall von einem Pfarrer in der Oststeiermark aufgedeckt, der über Jahre Buben sexuell missbrauchte. Einem Jungen, der bei Pflegeeltern aufwuchs, half er etwa mit der Schule: „Beim Lernen hat er rüber gegriffen, mir Zungenküsse gegeben. Ich war wie gelähmt, erstarrt“, erinnert sich B. „Er hat gefragt, ob das denn mein früherer Stiefvater nie gemacht habe. So quasi: Hast du nie Zärtlichkeit gekriegt?“ lka