Obama und Medwedew unterzeichnen START-Vertrag
PRAG - Die USA und Russland werden knapp ein Drittel ihrer Atomwaffen verschrotten – ein Erfolg. Doch die Probleme liegen längst woanders als bei den einstigen Gegenspielern aus dem Kalten Krieg
Es ist das größte Abrüstungs-Abkommen seit 20 Jahren: US-Präsident Barack Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew haben in einer feierlichen Zeremonie in Prag den neuen Start-Vertrag unterzeichnet. Er sieht vor, dass beide Länder knapp ein Drittel ihres Atomwaffenarsenals verschrotten.
In der tschechischen Hauptstadt herrschte am Donnerstag das gleiche Wetter wie vor einem Jahr, als Obama dort seine Vision einer atomwaffenfreien Welt verkündete: Im gleißenden Frühlingssonnenschein traten Obama und Medwedew vor der Prager Burg gemeinsam auf. „Mein Freund und Partner“, sagte der US-Präsident über den vier Jahre jüngeren Kremlchef. Der gab das gerne zurück: „Der Erfolg gehört beiden, es gibt keinen Gewinner und keinen Verlierer. Es ist ein Sieg für die Menschheit.“ In der Tat profitieren beide: Obama hat endlich einen konkreten außenpolitischen Erfolg vorzuweisen. Und Medwedew kann sich ein wenig von Übervater Putin emanzipieren und als Russe endlich mal wieder in Augenhöhe mit den USA auftreten. Prager Frühling 2010.
Russland und die USA wollen die Zahl ihrer nuklearen Sprengköpfe von 2200 auf 1500 reduzieren
Drinnen, im Spanischen Saal des Hradschin, setzten sie feierlich ihre Unterschrift unter den neuen Start-Vertrag. Den ersten hatten Michail Gorbatschow und George Bush senior 1990 geschlossen und damit die heiße Phase des Kalten Kriegs beendet. Ihre Nachfolger vereinbarten nun, dass jede Seite die Zahl der nuklearen Sprengköpfe von 2200 auf 1500 reduziert und die Zahl der Trägersysteme auf 800 halbiert. Moskau behält sich vor, aus dem Vertrag auszusteigen, wenn die US-Pläne zu einer Raketen-Stationierung in Europa zu bedrohlich werden – Obama hat versprochen, Moskau eng „einzubinden“.
Offiziell war der Jubel groß. Außenminister Guido Westerwelle sprach von einem „Meilenstein“. Experten sehen es skeptischer und sprechen von „Trippelschrittchen“. Eine Reduzierung auf je 1500 Sprengköpfe sei nicht viel. „100 reichen, um unsere Zivilisation auszulöschen“, sagt Götz Neuneck vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. Positiv sei aber, dass überhaupt wieder geredet und abgerüstet wird.
Das Problem sind heute allerdings weniger die einstigen Gegenspieler im Kalten Krieg, USA und Russland. Sondern unberechenbare Staaten wie Iran – den Medwedew bei der Zeremonie massiv ermahnte – oder gar Terroristen, die in Besitz von Nuklearmaterial gelangen könnten. Zu diesem Thema hat Obama ein Gipfeltreffen nächste Woche angesetzt: „Eine seltsame Wendung: Die Gefahr eines Atomkriegs hat sich verringert, das Risiko eines atomaren Angriffs ist gestiegen.“
tan