Obama gibt Korrekturen an NSA-Spähprogramm bekannt
Washington/London - Von seiner Rede am Freitag (1700 MEZ) in Washington wurden unter anderem Einschränkungen bei der Überwachung von Ausländern und internationalen Spitzenpolitikern erwartet. Zugleich hatte der Präsident laut US-Medienberichten bis zuletzt noch keine Entscheidung zu einigen Schlüsselfragen getroffen.
So sei Obama unschlüssig, ob er der Empfehlung einer von ihm eingesetzten Expertengruppe folgen solle, der NSA die Speicherung von Millionen Telefondaten aus den USA zu entziehen. Die Berater hatten empfohlen, dass die Informationen stattdessen bei den Telekom-Unternehmen lagern sollten und die NSA jede Anfrage zur Einsicht begründen müsse. Der Präsident neige jetzt dazu, diese Frage zusammen mit dem Kongress zu beantworten, schrieb das "Wall Street Journal" am Freitag unter Berufung auf informierte Personen.
Obama halte das massenhafte Abspeichern der Anrufdaten von Amerikanern für ein wertvolles Werkzeug im Anti-Terror-Kampf, stehe aber Korrekturen für einen verbesserten Datenschutz offen gegenüber, berichtete die "Washington Post". Möglicherweise könne der Kongress das Programm nächstes Jahr auslaufen lassen.
Obama geht es nicht zuletzt darum, bei den Verbündeten wieder Vertrauen zu schaffen. Allerdings gibt es neue Enthüllungen: Nach einem Bericht der Zeitung "Guardian" kann die NSA fast 200 Millionen SMS-Nachrichten pro Tag abgreifen. Das gehe aus einem Dokument aus dem Jahr 2011 hervor. Das Programm mit dem Namen "Dishfire" sammele wahllos "so ziemlich alles, was es kann". Der Geheimdienst fische aus den Kurznachrichten Informationen etwa über Reisen, Adressbücher oder Finanz-Transaktionen heraus, hieß es.
Obamas Expertengruppe hatte im Dezember 46 Vorschläge für eine Reform vorgelegt. In US-Medien heißt es, der Präsident wolle einen Mittelweg gehen. Einerseits wolle er die Forderungen der Geheimdienste für einen effektiven Anti-Terror-Kampf berücksichtigen. Andererseits gehe es ihm darum, die weltweite Empörung zu dämpfen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte etwa Oktober verärgert, als bekanntwurde, dass die NSA auch ihr Handy überwachte. Die Expertengruppe hatte einen stärkeren Schutz der Privatsphäre von Ausländern empfohlen sowie strengere Genehmigungsverfahren bei Spähangriffen auf ausländische Politiker. Am Donnerstag unterrichtete Obama bereits den britischen Premier David Cameron über seine geplante Reform.
Obama wolle sich auch der Expertenforderung nach einer Art Ombudsmann als "Vertreter öffentlicher Interessen" in dem Geheimgericht anschließen, das die Tätigkeit der Spionagebehörden kontrolliert. Insgesamt werde die Ansprache nur als Auftakt einer Debatte gesehen, die im Kongress geführt werden müsse, hieß es.
Außerdem könnte erlaubt werden, den Erhalt bisher geheimer Auskunftsanfragen zu Nutzerinformationen nach einem Zeitraum von fünf Jahren öffentlich zu machen, schrieb das "Wall Street Journal". Bisher dürfen zum Beispiel Internet-Konzerne noch nicht einmal die Existenz solcher Anträge bestätigen und müssen ihre Zahl in einer breiten Spanne mit anderen Behörden-Anfragen verschleiern.