Obama: "Die längsten 40 Minuten meines Lebens"
Washington - US-Präsident Barack Obama hat die
Kommandoaktion gegen Osama bin Laden in Pakistan als „die längsten
40 Minuten“ seines Lebens bezeichnet. Er habe die Operation
angeordnet, weil er der Ansicht gewesen sei, dass die Chance, den
Terroristenführer „endlich zu kriegen“ größer sei als die Risiken,
erklärte Obama in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview der
Sendung „60 Minutes“ des Fernsehsenders CBS.
Er sei zwar ob des Ausgangs der Aktion nervös gewesen, wegen der
Möglichkeit, dass bin Laden dabei getötet werden könnte, habe er
sich aber keine Gedanken gemacht. Jeder, der daran zweifle, dass der
Al-Kaida-Führer sein Schicksal verdient habe, „muss seinen Kopf
untersuchen lassen“, sagte Obama.
Bin Laden müsse in Pakistan eine Art Netzwerk gehabt haben, das
ihn unterstützte, erklärte der US-Präsident. Andernfalls hätte er
nicht über Jahre in Abottabad leben können, einer Stadt mit
zahlreichen Militäreinrichtungen. Ob unter den Unterstützern
Personen innerhalb oder außerhalb der Regierung gewesen seien, wisse
er nicht, sagte Obama. Die USA wollten dazu weiter ermitteln, „und,
was noch wichtiger ist, die pakistanische Regierung muss ermitteln“.
Von direkten Beschuldigungen gegenüber Islamabad sah Obama ab.
Seit den Anschlägen vom 11. September 2011 sei Pakistan ein starker
Partner im Kampf gegen den Terror gewesen, sagte er. Zu den
Einzelheiten der Kommandoaktion äußerte sich der Präsident in dem
Interview nur zurückhaltend, Neues über die bereits öffentlich
bekannten Details hinaus teilte er nicht mit.
USA fordern Zugang zu Ehefrauen bin Ladens
Die Entscheidung, die Razzia anzuordnen, sei schwierig gewesen,
sagte er. Es sei schließlich nicht sicher gewesen, dass sich bin
Laden in dem Anwesen aufhalte, und für die Eliteeinheit Navy SEALs
habe ein Risiko bestanden. „Aber letztlich hatte ich so viel
Vertrauen in die Fähigkeit unserer Jungs, die Mission auszuführen,
dass ich das Gefühl hatte, dass die Risiken vom potenziellen Gewinn
wettgemacht werden, dass wir unseren Mann endlich kriegen“, sagte
Obama.
Dessen Sicherheitsberater Tom Donilon sagte, ihm lägen keine
Hinweise darauf vor, dass die politische oder militärische Führung
Pakistans oder der Geheimdienst von bin Ladens Aufenthalt im Land
gewusst hätten. Die USA hätten Pakistan um Zugang zu mehreren
Personen gebeten, die die Navy SEALs in dem Anwesen zurückließen,
darunter drei Ehefrauen bin Ladens, sagte Donilon weiter. Die Frauen
sowie mehrere Kinder sollen sich im Gewahrsam der pakistanischen
Streitkräfte befinden. Ein pakistanischer Militärsprecher wollte
sich am Sonntag zu Donilons Angaben nicht äußern.