Nürnberger OB: "Wir schaffen es dieses Jahr"

AZ: Herr Maly, Sie schließen sich dem „Wir schaffen das“ von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel an, schränken dies aber ausdrücklich auf 2015 ein. Was passiert danach? Ulrich Maly: Wir schaffen es dieses Jahr und was wir nächstes Jahr schaffen, das fragen Sie mich am besten nächstes Jahr, weil ich auf Sicht navigiere wie auch alle anderen, die politische Verantwortung tragen.
Was halten Sie von der CSU-Kernforderung nach einer „Begrenzung“ der Zuwanderung? Ich muss dann auch sagen, wie ich das tun will. Die CSU sagt ja auch gleichzeitig und ganz richtig, dass der Artikel 16a Grundgesetz gilt und der von den Vereinten Nationen anerkannte Flüchtlingsstatus uns auch international verpflichtet. Wenn man sich auf eine Million Obergrenze festlegt und der Einemillionunderste ist ein anerkannter Flüchtling, dann muss man den auch aufnehmen. Ich halte nichts davon, den Leuten Maßnahmen zu versprechen, die man nicht ernsthaft hinterlegen kann. Ja, es müssen alle Versuche unternommen werden, den Zuzug zu reduzieren. Soweit ich sehe, tut das die Bundesregierung auch. Das wird aber nicht über Nacht gehen. Mit dieser Wahrheit müssen wir uns auseinandersetzen.
Es heißt, die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen würde „kippen“. Tut sie das? Nein. Ich finde, dass alle die, die jetzt den Teufel der kippenden Stimmung an die Wand malen, zum Kippen der Stimmung beitragen. Die Stimmung ist schon länger geteilt. Ein, Gott sei Dank, immer noch großer Teil der Bevölkerung ist hilfsbereit, ein anderer Teil hat Angst und verspürt Unbehagen. Und wir haben eine Gruppe, die mag einfach nicht, dass Fremde kommen. Den Block derer, die ängstlich sind und die Unbehagen verspüren, muss man sehr ernst nehmen. Um die müssen wir uns kümmern. Diejenigen, die sagen, Deutschland gehört den Deutschen, findet meine Sympathie nicht. Wir müssen darauf achten, dass die einen nicht den anderen hinterherlaufen. Deshalb ist die gesellschaftliche Debatte, wie mit Pegida, AfD und Ähnlichem umgegangen wird, schon auch wichtig.
Die Position Ihrer Partei in der Flüchtlingskrise scheint etwas uneinheitlich. Man hat den Eindruck, die Sozialdemokraten sitzen zwischen den Stühlen. Ist das so? Die Position der SPD ist, so glaube ich, nicht frei von inneren Widersprüchen. Aber das ist heute niemand. Bei der CDU ist es der Widerspruch zwischen der Kanzlerin und ihrer Partei, bei uns ist es der Widerspruch zwischen der Erkenntnis, das Asylrecht hat keine Obergrenze, und der Erkenntnis, dass unsere Möglichkeiten nicht unbegrenzt sind. Damit muss aber ganz Deutschland leben. Warum sollten die Parteien einfache Antworten auf ganz komplizierte Fragen geben? Das ist nicht Sache der SPD. Wenn die Frage kompliziert ist, dann wissen wir, dass in aller Regel auch die Antwort kompliziert ausfallen wird. Die inneren Diskussionen, die wir dazu führen, sind Spiegelbild unserer Gesellschaft.