NSU-Helfer soll V-Mann gewesen sein

Ein NSU-Helfer soll jahrelang die Berliner Polizei informiert haben. "Wir müsen endlich alle Fakten auf den Tisch bekommen", fordert der Vorsitzende des zuständigen Untersuchungsausschusses.
dpa |
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Ein NSU-Helfer soll jahrelang die Berliner Polizei informiert haben. "Wir müsen endlich alle Fakten auf den Tisch bekommen", fordert der Vorsitzende des zuständigen Untersuchungsausschusses.

Berlin - Nach den jüngsten Enthüllungen zur Neonazi-Mordserie wächst der Druck auf das Land Berlin.

Dass ein NSU-Helfer jahrelang Informant der Berliner Polizei gewesen sein soll, habe eine neue Qualität, sagte der Vorsitzende des zuständigen Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Er forderte zügige Aufklärung. "Wir müssen endlich alle Fakten auf den Tisch bekommen."

Der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) versprach, Klarheit zu schaffen. Auch die Bundesregierung versicherte nach der jüngsten Aktenpanne beim Militärischen Abschirmdienst (MAD), den NSU-Ausschuss uneingeschränkt zu unterstützen. Der Bundeswehr-Geheimdienst soll umgebaut werden. Das brisante Detail im Fall der rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) war am Donnerstag bekanntgeworden. Der mutmaßliche NSU-Unterstützer Thomas S. soll bei Treffen mit seinen V-Mann-Führern mehrfach Hinweise auf die untergetauchten Mitglieder der Terrorzelle gegeben haben - 2002 auch auf deren möglichen Aufenthaltsort.

Nach einem Bericht von "Spiegel Online" war der heute 44-Jährige von Ende 2000 bis Januar 2011 als Quelle des Berliner Landeskriminalamts aktiv. Nach eigener Aussage habe er der Terrorzelle NSU Ende der 90er Jahre rund ein Kilogramm TNT-Sprengstoff besorgt. Heute ist er demnach einer von 13 Beschuldigten, gegen die der Generalbundesanwalt im Fall NSU ermittelt.

Der NSU-Ausschuss hatte empört darauf reagiert, dass Berlin die wichtige Information nicht weitergegeben hatte. Henkel müsse aufklären, warum das Gremium erst jetzt davon erfahren habe, verlangte Edathy. Dass ein mutmaßlicher Helfer der Terrorgruppe als Informant für staatliche Stellen aktiv gewesen sei, habe eine neue Qualität.

Henkel sei der Sachverhalt offenbar neu gewesen, sagte der SPD-Politiker. Es stelle sich aber die Frage: "Kann es sein, dass ein Landeskriminalamt den zuständigen Minister nicht oder nicht ausreichend informiert?" Interessant sei auch, was Henkels Vorgänger Ehrhart Körting (SPD) zu dem Vorgang zu sagen habe. Auf dpa-Anfrage wollte der damals zuständige Körting den Vorfall allerdings nicht kommentieren.

Henkel bemühte sich um Schadensbegrenzung. Er werde sich besonders mit dem NSU-Ausschuss im Bundestag abstimmen, sagte der CDU-Politiker. "Mir ist bewusst, dass solche Vorgänge kein günstiges Licht auf unsere Sicherheitsbehörden werfen."

Auch die Bundesregierung muss sich weiter Fragen zu der jüngsten Aktenpanne beim MAD gefallen lassen. Der Geheimdienst der Bundeswehr hatte bereits in den 90er Jahren eine Akte über den späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos angelegt. Ebenso wusste das Verteidigungsministerium seit Monaten von der Existenz der Unterlagen. An die Öffentlichkeit und den Untersuchungsausschuss gelangte die Information aber erst am Dienstag.

Die Linke-Obfrau Petra Pau forderte von allen Stellen in Bund und Ländern Kooperationswillen bei der Aufklärung der NSU-Verbrechen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe dies zugesichert. Bislang könne davon aber keine Rede sein. "Behörden mauern. Der Bundestag wird düpiert. Versagen wird beschönigt", kritisierte Pau. "So werden die NSU-Opfer verhöhnt."

Regierungssprecher Steffen Seibert hielt dagegen. "Die Bundesregierung unterstützt den Untersuchungsausschuss in jeder Hinsicht", sagte er in Berlin. Das gelte für alle Ministerien. Wo es Probleme bei Abläufen gegeben habe, müssten die Strukturen aber verbessert werden.

Erste Konsequenzen dieser Art - wenn auch noch vage - kündigte das Verteidigungsministerium für den MAD an. Der Bundeswehr-Geheimdienst solle personell schlanker werden, sagte ein Ministeriumssprecher. Außerdem werde darüber nachgedacht, den Dienst mit Blick auf seine Aufgaben besser aufzustellen. Das Ministerium halte es aber für richtig, den MAD beizubehalten. Die Forderung nach einer Abschaffung des Militärgeheimdienstes war zuletzt immer lauter geworden.

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