NSU: Fahnder ignorierten die Radfahrer-Spur
MÜNCHEN Nach Informationen der Abendzeitung ist es auch bei den Ermittlungen zum Mord an dem Münchner Gemüsehändler Habil Kilic 2001 zu Fehleinschätzungen der Fahnder gekommen. Wie bei anderen Taten, die dem NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe zur Last gelegt werden, haben die Münchner Ermittler Hinweise auf zwei verdächtige Radfahrer, bei denen es sich wohl um Böhnhardt und Mundlos handelte, nicht weiter verfolgt.
Zwei Zeugen hatten unabhängig voneinander die Radfahrer am Tattag, dem 29. August 2001, in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Tatort im Münchner Stadtteil Ramersdorf gesehen. Die Kriminalpolizei kam damals zu dem Schluss: „Ein Tatzusammenhang ist nicht zu erkennen.“ Das geht aus polizeilchen Unterlagen hervor, die der Abendzeitung vorliegen.
Per sogenannter Öffentlichkeitsfahndung fahndet die Kripo nach den Radfahrern – als „Zeugen“. Als diese sich nicht meldeten, wurden die Aussagen der beiden Münchnerinnen zu den Akten gelegt. Dort blieben sie auch, als vier Jahre später – nach dem Mord an Ismair Yasal in Nürnberg – eine der Zeuginnen auf einem danach erstellten Phantombild einen der Männer erkannte, der in der Nähe des Tatorts an ihr vorbeigeradelt war.
Der Mord an Habil Kilic ist voraussichtlich am heutigen Donnerstag Thema im Münchner NSU-Prozess. Schon am gestrigen Prozesstag, an dem der Mord an dem Nürnberger Blumenhändler Enver Simsek verhandelt wurde, hatte ein Zeuge ebenfalls auf zwei Radfahrer in Tatortnähe hingewiesen. „Diese Spur hätte sehr viel schneller verfolgt und Parallelen gezogen werden müssen“, hatte Nebenkläger-Anwalt Jens Rabe der „Tagesschau“ gesagt. Später wurden auch bei den Morden am Döner-Verkäufer Ismail Yasar 2005 in Nürnberg und am Kiosk-Besitzer Mehmet Kubasik in Dortmund 2006 zwei Radler in der Nähe der Tatorte gesehen.
Wie die Zeuginnen die verdächtigen Radler beschrieben, was die Polizei in ihren Akten dazu notierte, können Sie ausführlich auf Seite 7 der heutigen AZ-Ausgabe nachlesen.
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