NSU-Ausschuss beklagt Ermittlungspanne bei Neonazi-Mordserie
Das Bundeskriminalamt soll laut NSU-Untersuchungsausschuss eine heiße Spur zur Tatwaffe nur halbherzig verfolgt haben.
Berlin - Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags erhebt schwere Vorwürfe gegen die Ermittler der Neonazi-Mordserie. Das Bundeskriminalamt habe eine heiße Spur zur Tatwaffe offenbar nur halbherzig verfolgt, kritisierten die Obleute des Ausschusses in Berlin.
Die Akten sprächen dafür, dass sich die Ermittler auch bei dieser Spur auf türkische Täter konzentriert hätten. Den Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) werden zwischen 2000 und 2007 zehn Morde zur Last gelegt: an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft und einer Polizistin. Die neun Kleinunternehmer wurden alle mit einer Ceska 83 erschossen, einem Spezialmodell aus Tschechien.
Die Ermittler verfolgten damals den Verbleib fast all dieser Pistolen und stießen bereits früh auf eine wichtige Spur zu einem Schweizer Waffenhändler, der sich später als Quelle für die Tatwaffe herausstellte. Trotzdem wurden die Zusammenhänge rund um die Tatwaffe erst nach dem Auffliegen des Terrortrios im November 2011 aufgeklärt.
Bei der heutigen Sitzung des Untersuchungsausschusses sollen zwei Mitarbeiter des Bundeskriminalamts aussagen, die damals in der Ermittlungsgruppe "Ceska" im Einsatz waren.
"Es war eine heiße Spur bereits 2004. Das BKA hat sie kalt werden lassen", sagte der Unions-Obmann Clemens Binninger (CDU) mit Blick auf die Hinweise auf den Schweizer Waffenhändler. Die Ermittler hätten sich dort offenbar nur nach türkischen Käufern erkundigt.
Auch der Grünen-Obmann Wolfgang Wieland sagte, in den Akten spreche alles für diesen Ablauf. Die Ermittler hätten wohl nach der verqueren Logik gehandelt, "dass Türken nur von Türken erschossen werden".
Die Linke-Obfrau Petra Pau sagte, es müsse geklärt werden, ob der Weg der Waffe nur halbherzig ermittelt worden sei und welche Rolle der Bundesnachrichtendienst (BND) bei der Waffenspur spiele. Auch ein BND-Vertreter sollte am Donnerstag im Ausschuss Rede und Antwort stehen.
Bei der Aufarbeitung der Neonazi-Mordserie waren bereits schwere Ermittlungspannen ans Licht gekommen. Polizisten und Verfassungsschützer ermittelten lange in die falsche Richtung, vermuteten ausländische Täter hinter den Verbrechen und sahen keinen rechtsextremen Hintergrund.