NSA-Enthüllungen: Die Schere im Kopf
Die AZ-Redakteurin Annette Zoch schreibt über die Bespitzelung durch die NSA und die neuen Enthüllungen von Edward Snowden.
Die neuen Enthüllungen von Whistleblower Edward Snowden über die Späh-Aktivitäten der NSA verschlagen einem den Atem. Der US-Geheimdienst greift tatsächlich restlos alles ab, was der durchschnittliche Internetnutzer jeden Tag so postet, tippt, sucht und mailt.
Sicherheitspolitiker wenden hier gerne ein: „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“ Leicht gesagt. Erstens: Ich möchte schlicht nicht, dass der Staat oder eine US-Behörde meine privaten E-Mails liest, selbst wenn nur harmlose Dinge drinstehen. Zweitens: Alles wird gespeichert. Das Internet vergisst nichts. Das heißt: Was vielleicht in 25 oder 30 Jahren noch ein harmloser Spaß ist und was uns später vielleicht mal ins Gefängnis bringt – können wir das heute schon wissen? Wer garantiert uns, dass wir nicht in ferner Zukunft wieder von einem totalitären Regime beherrscht werden, das unsere Mails, Blog-Einträge und Facebook-Likes von vor 30 Jahren einmal gegen uns verwendet?
Um hier keine Weltuntergangsstimmung zu verbreiten: Es gibt durchaus einen Garanten dafür, dass so etwas nicht passiert. Und zwar ein starkes, demokratisches Bewusstsein der Bürger. Das Wissen darum, dass sie der Souverän sind. Das Wissen darum, dass sie sich wehren können und dass sie kämpfen müssen für Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und vor allem auch für Meinungs- und Pressefreiheit. Damit diese Bespitzelungs- und Angst-Kultur gar nicht entsteht, diese Schere im Kopf. Es liegt an uns.