NPD bleibt erlaubt - Karlsruhes vertane Chance

Es sind gerade die Extremen, die gerne ihre Grenzen ausloten. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Chance, den Neonazis der NPD und Gesinnungsgenossen ein „Bis hierher und nicht weiter“ aufzuzeigen. Karlsruhe hat dies nicht getan, das scharfe Schwert des Parteiverbots stecken lassen.
Die NPD bleibt also erlaubt. Weil sie zu klein ist, zu unbedeutend, weil ohnehin immer weniger Leute eher heimlich die Neonazi-Partei wählen und stattdessen ganz unverhohlen hinter Pegida-Schildern auf die Straße gehen oder längst zur AfD übergelaufen sind. Dieses Urteil mag juristisch nachvollziehbar sein, es deckt sich auch mit den strengen Anforderungen, welche der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte an ein Parteienverbot knüpft. Aber es heißt in der Konsequenz eben auch: Die Rechtsextremen dürfen so lange weitermachen, bis sie einflussreich genug sind, groß und stark, um die Demokratie tatsächlich zu gefährden. Darauf zu warten ist ein Spiel mit dem Feuer.
Da kommt dann noch dazu, dass dieses Urteil in eine Zeit fällt, in der in vielen Ländern Europas Populisten, Rechtsextremisten, Nationalisten, Islam- und Flüchtlingsgegner auf dem Vormarsch sind. Ein Verbot der NPD wäre ein wichtiges Zeichen gewesen, vielleicht sogar eine vorbeugende Maßnahme dagegen. Aber es hätte gleichwohl nur ein Teil der Lösung sein können. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist zu allerletzt eine juristische Aufgabe, er ist immer eine gesamtgesellschaftliche. Flagge zeigen gegen Rechts, Standpunkte offen vertreten, den Wettbewerb aufnehmen, wählen gehen. All das bleibt uneingeschränkt wichtig.
All das hätte uns auch kein Verfassungsgericht abnehmen können.